Hessens Rektoren rebellieren gegen Spar-Koch

HOCHSCHULEN Sie weigern sich, den Hochschulpakt zu unterzeichnen und Millionen zu kürzen

„Der Hochschulpakt ist schädlich und ziellos“

FRANKFURT/M taz | Dem hessischen Regierungschef Roland Koch (CDU), der sich derzeit mit Ratschlägen für Einsparungen im Bereich Familien- und Bildungspolitik an die Adresse der schwarz-gelben Bundesregierung zu profilieren versucht, droht nun sein eigener Landeshochschulpakt um die Ohren zu fliegen.

Denn kurz vor der geplanten Unterzeichnung des Vertragswerkes am Dienstagabend in Wiesbaden kündigte auch der Präsident der Fachhochschule Rhein-Main (Wiesbaden und Rüsselsheim) an, die von Wissenschaftsministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) konzipierte Vereinbarung „aus Protest“ nicht zu unterschreiben. Zu Redaktionsschluss dauerte die entscheidende Sitzung im Wissenschaftsministerium noch an.

Zuvor hatte schon die Leitung der Fachhochschule Frankfurt die Ministerin wissen lassen, dass man den hessischen Hochschulpakt nicht gegenzeichnen werde. Der Hochschulpakt sieht vor, dass Hochschulen und Universitäten allein im Jahre 2011 auf 30 Millionen Euro in ihren Etats verzichten müssen.

„Schädlich und ziellos“ nannten auch die Präsidenten der Frankfurter Universität und der Technischen Universität Darmstadt, Hans-Jürgen Prömel und Werner Müller-Esterl, den Hochschulpakt, mit dem sich die Landesregierung von der Qualitätssicherung der Hochschulausbildung als angeblich vorrangigstem Ziel ihrer Wissenschaftspolitik verabschiedet habe. Einseitig werde jetzt nur noch „auf Quantität gesetzt“.

Tatsächlich soll bald die Hochschule das meiste Geld aus der Landeskasse bekommen, die über die höchste Anzahl an Immatrikulierten verfügt. Das aber werde, so mutmaßen die Präsidenten, zu einem „ruinösen Windhundrennen um Studierende“ führen.

Grünes Licht zum Protest gegen den Hochschulpakt bis hin zur Verweigerung der Unterschrift haben auch die Gremien der Universitäten in Marburg und Gießen ihren Präsidien signalisiert.

Am Dienstagnachmittag zogen tausende Hochschullehrer und Studierende aus ganz Hessen vom Wiesbadener Hauptbahnhof aus zum Wissenschaftsministerium, um ihre renitenten Leitungsgremien zu unterstützen und von Koch „zehn Prozent mehr Geld für die Hochschulen in Hessen“ einzuklagen. Die Landtagsfraktionen von SPD, Grünen und Linkspartei bekundeten Solidarität mit den demonstrierenden Studenten. „Nur 48 Stunden nach der Wahl in NRW lässt Koch die Katze aus dem Sack und kassiert die Bildung an den hessischen Schulen und Hochschulen ab“, echauffierte sich etwa SPD-Fraktionschef Thorsten Schäfer-Gümpel.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT