Fröhlicher Friedhofspastor

Das Überraschende ist: Er ist munter. Plaudert fröhlich über seinen Job, den er zum Jahresende an den Nagel hängt, als wäre es einer wie jeder andere: Olaf Krämer wirkt seit zwölf Jahren als Friedhofspastor auf Europas größtem Friedhof in Hamburg-Ohlsdorf. Er führt ausschließlich Beerdigungen durch, manchmal vier pro Tag. 4.000 insgesamt.

Routine sei das nie geworden: „Ich bin es den Angehörigen schuldig, in dieser Situation einmalig zu handeln. Das ist jedes Mal eine große Anspannung“ – zumal Krämer die Toten selten kannte: Sie stammten aus anderen Gemeinden, die Angehörigen wählten ihn, den Friedhofspastor, anstelle des oft zu nahe stehenden aus der Gemeinde.

Dass er den Verstorbenen deshalb nur bedingt gerecht wird, weiß Krämer, aber es beunruhigt ihn nicht. „Alles, was ich sage, kann bestenfalls Annäherung sein.“ Manchmal auch an existenzielle Tragik: Wenn er Kinder oder Unfallopfer begräbt, hadert er mit Gott. „Ich sage dann: Erwarten Sie nicht, dass ich Sie tröste. Das einzige, was wir tun können, ist, die Gemeinheit der Situation auszuhalten.“

Das hindert ihn nicht an poetischen Ritualen: „Eine Trauerfeier ist ein Kunstwerk“, sagt er. „Sie lebt von Mimik, Gestik, biblischen und literarischen Texten. Davon, dass man fragmentarisches Leben deutet und auch Brüche formuliert.“ Das könne sehr befreiend sein. Und irgendwie, sagt Krämer, der schon im Abitur über den Tod geprüft wurde, sei seine Angst vorm Sterben immer kleiner geworden.

„Ich bin sowieso nicht der große Todesangsthase“, erzählt er gut gelaunt. In Ohlsdorf habe er Solidarität mit den Verstorbenen entwickelt. „Ich empfinde eine Gemeinschaft und denke: Wir müssen alle gehen. Alle haben es geschafft. Ich schaffe das auch.“

Warum also hört er auf mit diesem schönen Job? Weil übergemeindliche Ämter auf zehn Jahre vergeben werden und man seinen Vertrag schon um zwei Jahre verlängerte. Macht nichts, sagt er, dann sucht er eben etwas Neues. „Am liebsten in der Pflegeheimseelsorge.“  PS