Weltkriegsveteranen im Ratskeller

In Stellingen gedachte eine rechtsextreme Schülerburschenschaft mit einem Vortrag von Kriegsveteranen des Kriegsendes am 8. Mai 1945. SS-Traditionalisten arbeiten schon seit Jahren mit dem rechten Nachwuchs zusammen

Von Andreas Speit

Diese Besucher hatten die Veranstalter nicht erwartet. Für den Sonntag hatte die Pennale Burschenschaft „Chattia Friedberg“ eine Veranstaltung mit „Veteranen aus dem Zweiten Weltkrieg“ angekündigt. „Ein Pflichttermin“ um des Kriegsendes am 8. Mai 1945 in ihrem Sinne zu gedenken. Auf ihrer Webseite wies die rechte Schülerburschenschaft aus Hamburg auf den Termin hin. Erst per Handy erfuhr man Genaueres. Ungestört blieben sie am Sonntagnachmittag trotzdem nicht. Als die Interessierten gegen 15 Uhr zum Restaurant „Ratskeller“ in Hamburg kamen, stießen sie auf 30 Gegendemonstranten, die vor dem Restaurant im Souterrain des Rathauses Stellingen nahe Hagenbecks Tierpark standen.

„Die Veteranen könnten von der HIAG sein“, erklärte ein Sprecher der Gegendemonstranten. Die Pennale Burschenschaft arbeitet seit langem mit der „Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit der Soldaten der ehemaligen Waffen-SS“ (HIAG) zusammen. An diesem Nachmittag sind einige ältere Herrschaften anwesend, die vom Jahrgang her noch in der SS gedient haben könnten.

„Haut ab, haut ab“, riefen Demonstranten dennoch. Hier ein lautes Wortgefecht, dort ein Schubsen, die herbeigerufenen Polizeikräfte mussten jedoch nicht einschreiten. Unter den Gästen waren viele Prominente aus der militanten rechtsradikalen Szene, etwa die Hamburger NPD-Chefin Anja Zysk oder Inge Nottelmann vom Aktionsbüro Norddeutschland. Auch einer der Betreiber des Hamburger Fachgeschäfts für Rechtsradikalen-Mode „Odin + Freya“ schaut genervt aus der Tür.

Nicht nur die Pennale Burschenschaft hat sich in den vergangenen Jahren der HIAG zugewendet. Umgekehrt geht auch der Hamburger Landesverband um Franz Schmitz auf den „Nachwuchs“ zu. Das verbandsnahe Magazin „Der Freiwillige“ ist unlängst an jüngere Mitstreiter übergeben worden. Herzlich war die Pennale Burschenschaft vergangenes Jahr in Büchen zum 55-jährigen Jubiläum der HIAG eingeladen. Im Saal des Ausflugslokals „Waldhalle“ standen die Jungen in voller burschenschaftlicher Kluft vor der Bühne stramm. Schon 2003 warb diese Burschenschaft, die der Hamburger Verfassungsschutz (VS) als eine von sieben Burschenschaften als „rechtsextrem“ einstuft, im „Freiwilligen“ für eine eigene Veranstaltung.

Erst vor wenigen Wochen musste die HIAG in Hamburg den Rückzug antreten. Aufgrund von Protesten warf die Handwerkskammer die früheren Waffen-SSler aus der Gaststätte „Remter“. Jahrelang hatten sich regelmäßig bis zu 80 SS-Traditionalisten im von der Handwerkskammer geführten Restaurant getroffen. Grund genug für die SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Luisa Fiedler, eine kleine Anfrage zu stellen. Die Antwort des Hamburger Senats, welche Erkenntnisse dem Verfassungsschutz über eine „neonazistische Jugendarbeit“ der HIAG vorliegen, wirft jedoch neue Fragen auf: Der Senat antwortete geheimnisvoll, „die hierzu vorliegenden Erkenntnisse können nur gegenüber dem Parlamentarischen Kontrollausschuss berichtet werden“.