„Nicht aus Jux“

USA Geheimdienstfreunde reagieren scharf. Unklar bleibt, wie viel Präsident Obama wann wusste

WASHINGTON taz | Fast fünf Monate nach den ersten Enthüllungen Edward Snowdens über das Ausmaß der weltweiten Spionage durch den US-Geheimdienst NSA kommt jetzt Bewegung in den politischen Apparat in Washington: Am Dienstag sollte ein Gesetz zur Kontrolle der NSA im Repräsentantenhaus eingereicht werden, das die unspezifische Massendatensammlung beenden würde. Ein zweites – sehr viel zurückhaltenderes – Gesetz wird gerade vorbereitet. Für diesen Entwurf zeichnet unter anderem die Demokratin Dianne Feinstein verantwortlich, die sich zuvor gegen eine strengere Kontrolle der Überwacher gewehrt hatte.

Unklar bleibt aber weiterhin, wie viel – und seit wann – das Weiße Haus über das Abhören von befreundeten Staats- und RegierungschefInnen wusste. Nach Berichten des britischen Senders BBC, der sich auf nicht namentlich genannte Quellen in der NSA beruft, hat Präsident Barack Obama erst nach Snowdens Berichten davon erfahren, dass die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und andere befreundete Spitzenpolitiker belauscht wurden. Er soll daraufhin das Ende des Programms angeordnet haben, das den hübschen Namen „Head of State Collection“ trägt. Laut der Zeitung Washington Post – die sich auf ungenannte Quellen im Weißen Haus beruft – soll Obama vor dem Sommer zwar gewusst haben, dass die NSA die Spitzen „gegnerischer“ Länder ausspäht, hingegen habe er keine Ahnung gehabt, dass auch befreundete Politiker betroffen waren.

So weit bekannt, hat sich bislang kein Washingtoner Spitzenpolitiker irgendwo entschuldigt. Trotzdem verlangte der einflussreiche republikanische Abgeordnete Peter King, der Präsident sollte „aufhören, sich zu entschuldigen“. King ist Mitglied – und ehemaliger Vorsitzender – des „Komitees für Heimatland-Sicherheit“ sowie Mitglied des Geheimdienstkomitees im Repräsentantenhaus. In dieser Position ist er seit langem mit der Beaufsichtigung der „Dienste“ betraut. Er erklärte nun in Washington, die NSA habe „Tausende von Menschenleben gerettet. Nicht nur in den USA, sondern auch in Deutschland und Frankreich.“

Zur Begründung, weshalb die Freunde ausspioniert werden müssen, sagte er, dass die „Verschwörung, die zu 9/11 führte“, in Hamburg begonnen habe. Zudem hätten sowohl „Frankreich als auch Deutschland und andere europäische Länder“ mit „Iran, Irak und Nordkorea“ zu tun. „Wir tun dies nicht aus Jux“, sagte King wütend, „sondern um wichtige Informationen zu sammeln, die auch den Europäern helfen.“ DOROTHEA HAHN