Die UNO ist sich weiter uneins über Iran

Im Gegensatz zu den Absichten der USA wird der Sicherheitsrat heute keine scharfe Resolution zum Atomstreit mit Teheran beschließen. Russland und China fürchten eine Wiederholung ihrer „schlechten Erfahrungen“ aus der Zeit vor dem Irakkrieg

AUS GENF ANDREAS ZUMACH

Die Bestrebungen insbesondere der USA, bereits heute im UNO- Sicherheitsrat eine scharf gehaltene Resolution zum iranischen Atomprogramm zu beschließen, sind gescheitert. Die Botschafter der fünf ständigen Ratsmitglieder (USA, Frankreich, Großbritannien, Russland und China) sowie Deutschlands in seiner Funktion als Mitglied des EU-Trios konnten sich trotz intensiver Beratungen am Wochenende nicht auf einen gemeinsamen Text einigen. Jetzt werden die Außenminister der sechs Staaten bei ihrem für heute Abend in New York anberaumten Treffen die Verhandlungen weiterführen.

Ursprünglich wollten die USA bei diesem Treffen bereits über konkrete Sanktionen gegen Iran für den Fall diskutieren, dass Teheran die Forderungen einer UNO-Resolution nicht erfüllt. Letzteres nimmt die Bush-Regierung offenbar bereits als sicher an. Zentraler Streitpunkt ist weiterhin das Verlangen der vier Westmächte, die erste Iran-Resolution des Sicherheitsrats bereits auf Basis von Kapitel sieben der UNO-Charta zu stellen und das iranische Atomprogramm als eine „Bedrohung des internationalen Friedens und der Sicherheit“ einzustufen.

China und Russland lehnen die Forderungen der vier Westmächte jedoch ab, weil damit die Tür zu diplomatischen, wirtschaftlichen und militärischen Zwangsmaßnahmen gegen Iran geöffnet wird. Zwar sieht der Resolutionsentwurf derartige Zwangsmaßnahmen noch nicht ausdrücklich vor. Allerdings soll der Rat laut Entwurf „die Absicht“ zu „weitergehende Maßnahmen“ bekunden, „die notwendig sein könnten, um die Umsetzung der Resolution [durch Iran, d. Red.] sicherzustellen“.

Moskau und Peking begründen ihre Ablehnung auch mit „schlechten Erfahrungen“ im Irakkonflikt. Im November 2002 hatte der Sicherheitsrat auf Antrag der USA und Großbritanniens die Irak-Resolution 1444 mit einer fast identischen Formulierung verabschiedet. China, Russland und Frankreich hatten ihre Zustimmung zu dieser Resolution nach achtwöchigen Verhandlungen schließlich nur mit der schriftlich hinterlegten Erklärung gegeben, dass sie noch kein völkerrechtliches Mandat für Zwangsmaßnahmen sei. Derartige Schritte müssten zuvor vom Sicherheitsrat in einer zweiten Resolution ausdrücklich beschlossen werden. Doch auch ohne eine zweite Resolution gingen die USA und Großbritannien im März 2003 militärisch gegen Irak vor und behaupteten, Resolution 1444 biete hierfür bereits eine ausreichende, UNO-konforme völkerrechtliche Grundlage.