Ein Brustbild des Jugo-Rock

„Ich möcht‘ der Knopf an deiner Bluse sein“ war ein Lied, mit dem der aus Jugoslawien importierte Schlagersänger Bata Illic (“Michaela“) einen Hit hatte, 1976, und dieser Herrenwitz begegnet einem gleich noch einmal im Werk von Bijelo dugme, womit man wieder in Jugoslawien ist. Dort war die Band die allererste Adresse in Sachen Rockmusik, wirklich megaerfolgreich mit ausverkauften Stadien und Verkaufszahlen, die ihre Plattenfirma nötigte, eigens für Bijelo dugme die „Diamantene Platte“ als Kategorie einzuführen. Zuerst spielten sie einen schwermütigen Hardrock, in etwa in Richtung Deep Purple, in den später auch New-Wave-Elemente integriert wurden, um nicht die Führerschaft im Jugo-Rock aufgeben zu müssen. Bijelo dugme. Heißt übersetzt weißer Knopf. Der sich auch auf dem Cover des Debütalbums von 1974 findet, ohne – wie nebanan zu sehen – vom eigentlichen Eyecatcher abzulenken.

Tatsächlich ist die Band, das als kleine jugoslawische Kulturgeschichte aus nächster Nähe, bei der Covergestaltung mit der fortschreitenden Erkundung der weiblichen Anatomie geradezu konzeptionell vorgegangen. Vom Brustbild des Debüts kamen sie auf ihrer zweiten Platte zur Kehrseite, mit einer raumfüllenden Studie des weiblichen Hinterteils, das von einer in Pelz gehüllten Männerhand angegrapscht wird, damit sozusagen eine archaische Situation herstellend. Auf der nächsten Platte wurde auf geschürzte Lippen gezoomt, Frauenköpfe folgten, und dann war man damit durch. 1989 löste sich die Band und wenig später auch Jugoslawien auf.

Dass man von Bijelo dugme in Deutschland vielleicht schon mal gehört hat, liegt daran, dass sie manchmal im Zusammenhang mit Goran Bregovic genannt werden. Es war seine Band, sie spielte seine Lieder, bis er sich mit den ganz anders gestimmten Filmmusiken für Emir Kusturica international einen Namen machte. Bregovic. Der Vater Kroate, die Mutter Serbin. Mit Bijelo dugme war er im bosnischen Sarajevo zu Hause. Und das alles mit der Auflösung und dem Krieg führt dann doch dazu, dass der Herrenwitz bei dieser kleinen jugoslawischen Kulturgeschichte nicht allein im Vordergrund stehen bleiben sollte.

Die Wiedervereinigung von Bijelo dugme vor fünf Jahren war ein, tja, nationales Ereignis, und nach den neuen Landkarten war die Band jetzt tatsächlich ein internationaler Act. 65.000 Besucher im bosnischen Sarajevo. 70.000 Fans im kroatischen Zagreb. 250.000 Begeisterte im serbischen Belgrad. Und in der Erinnerung ein Jugoslawien. Das es heute Abend auch für die exilierten Ex-Jugos mit Bijelo dugme (ohne Bregovic) im Tempodrom gibt. THOMAS MAUCH

■ Bijelo dugme: Tempodrom, Freitag, 20 Uhr. 30 €