DIE DREI FRAGEZEICHEN
: „Eifersucht verschwindet“

WIE LIEBEN? Die USA belauschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und werfen Deutschland ebenfalls Spitzeleien vor. Zwei Nationen in der Beziehungskrise. Ein Paartherapeut erklärt, wie die Staaten den Konflikt lösen könnten

taz: Herr Krüger, was ist denn überhaupt das Problem, wenn ein Partner aufs Handy des anderen guckt und dessen Post mitliest?

Wolfgang Krüger: In einer Beziehung muss es Geheimnisse geben dürfen. Jeder hat ein eigenes Telefon und E-Mail-Postfach. In dem Augenblick, wenn einer der Partner zu spionieren beginnt, ist die Vertrauensbasis gestört. Um das zu reparieren, muss Vertrauen erst wieder geschaffen werden, sodass keiner der Partner mehr das Bedürfnis hat, alles kontrollieren zu müssen und die Eifersucht verschwindet.

Nun beschuldigen sich die USA und Deutschland gegenseitig der Bespitzelung. Wie könnte dieses Pärchen die Streitereien lösen?

Die Partner müssen am Wohlergehen des anderen interessiert sein. Gespräche auf Augenhöhe sind wichtig. Keiner sollte alle seine eigenen Bedürfnisse durchsetzen wollen. Wenn einer der Partner ein Problem mit der Beziehung hat, muss der andere signalisieren, das Problem lösen zu wollen, und dem anderen entgegenkommen. Diese Art von Überwachung dürfte im Fall USA/Deutschland so nicht wieder passieren. Und sie müssten sich entschuldigen, um zu zeigen, dass sie die Rechte des anderes respektieren.

Und wenn das nicht passiert?

Streitgespräche führen normalerweise zum Erfolg, wenn eine sachliche Ebene vorhanden ist. Wenn es jedoch ein Machtgefälle wie bei den beiden Nationen gibt, muss dieses zunächst ausgeglichen werden. Da muss der schwächere Partner scharf und schnell reagieren, damit das Problem nicht zur Gewohnheit wird. Eine ungleiche Machtverteilung ist typisch für Ehen vor der Studentenbewegung. Die Frauen waren abhängig von dem Geld und der Position ihrer Ehemänner. Staaten sind nicht daran interessiert, Machtgefälle auszugleichen. Sie haben strategische Interessen. Wie sich die Staaten gerade verhalten, das wäre das Ende jeder normalen Beziehung.

INTERVIEW: SVENJA BEDNARCZYK

■ Wolfgang Krüger, 65, Tiefenpsychologe, Paartherapeut und Buchautor aus Berlin. Im Sommer dieses Jahres erschien sein Buch „Aus Eifersucht kann Liebe werden“ im Verlag Kreuz