CDU: Diskriminierung ist privat

NRW-CDU will das rot-schwarze Antidiskriminierungsgesetz im Bundesrat verhindern: Die Ungleichbehandlung von Homosexuellen und Alten solle nur im Arbeitsleben verfolgt werden

VON NATALIE WIESMANN

Die Einigung der großen Koalition auf ein Antidiskriminierungsgesetz hat auch bei der CDU in Nordrhein-Westfalen für Unmut gesorgt: Der Landesminister für Europa-Angelegenheiten, Michael Breuer, warnt in einem Brief an seine Berliner Parteikollegen vor einem Bruch der Koalitionsvereinbarung. Der gefundene Kompromiss entspreche zu „ganz wesentlichen Teilen“ den Plänen der rot-grünen Vorgängerregierung, beklagt er sich. Sowohl Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter als auch Integrationsminister Armin Laschet (beide CDU) unterstützen Breuer. Auch nach dem Willen der FDP soll NRW dem Gleichbehandlungsgesetz die Zustimmung verweigern: „Das Gesetz entspricht dem rot-grünen Antidiskriminierungsgesetz, das Union und Länderkammer in der vergangenen Legislaturperiode abgelehnt haben“, sagte der FDP-Landesvorsitzende Andreas Pinkwart.

Seit bereits drei Jahren sollen EU-Antidiskriminierungsrichtlinien in deutsches Recht umgesetzt sein. Ein Grund für die Verzögerung ist der jahrelange Streit darüber, ob im allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, wie das Antidiskriminierungsgesetz in Deutschland heißen wird, bestimmte Gruppen auch im Zivilrechtlichen geschützt werden müssen.

Die EU-Richtlinie verbietet bei zivilrechtlichen Geschäften – etwa im Restaurant, im Supermarkt oder bei Versicherungen – nur die Diskriminierung aufgrund von Rasse, ethnischer Herkunft oder Geschlecht. Die CDU plädierte bisher dafür, die EU-Bestimmungen eins zu eins umzusetzen. Auch in den Koalitionsvereinbarungen hatte sich Schwarz-Rot darauf geeinigt. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hat vergangene Woche in einem Koalitionsausschuss aber durchgesetzt, dass die Merkmale Alter, Homosexualität und Behinderung sowie Religion und Weltanschauung gegen Diskriminierung auch im Privaten gelten soll – und nicht nur im Arbeitsrecht, wie es die Europäische Union vorsieht.

Eine Woche nach der Einigung der großen Bundeskoalition kritisierten gestern nicht nur NRW-CDUler den Entwurf. Auch der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff bezeichnete das Gesetz als „Monstrum“, das der Union von der SPD aufgezwungen worden sei. Über den Bundesrat werde man versuchen, Änderungen vorzunehmen, sagte der CDU-Politiker gestern in Berlin. Dabei hat Deutschland bei der Umsetzung keine Zeit zu verlieren: Bei einer weiteren Verzögerung drohen Strafzahlungen an die EU. Der europäische Gerichtshof hat Deutschland bereits mit Strafzahlungen in Höhe von 900.000 Euro pro Tag gedroht, wenn das Gesetz nicht bald verabschiedet wird.

Susanne Laaroussi vom Antidiskriminierungsbüro Köln wundert sich nicht über den Europaminister: „Es wäre unvorstellbar, wenn die CDU den Entwurf so durchwinken würde“. Die schnelle Einigkeit im schwarz-roten Koalitionsausschuss habe alle Organisationen, die sich seit Jahren für ein Antidiskriminierungsgesetz einsetzen, stutzig gemacht. „Wir hätten den Entwurf natürlich begrüßt“, sagt Laaroussi. Es wird da wohl noch Einiges verändert“, prophezeit Laaroussi. Es sei peinlich, dass Deutschland als einziges Land der EU die Richtlinien noch nicht umgewandelt hätte.