Tagebau gegen Stau

Baustellen von morgens bis abends: CDU-Landesverkehrsminister Oliver Wittke will Autobahnstaus um jeden Preis vermeiden – und rechnet schon jetzt mit einer Rüge durch den Bundesrechnungshof

AUS DÜSSELDORFANDREAS WYPUTTA

Nordrhein-Westfalens Verkehrsminister Oliver Wittke (CDU) arbeitet weiter an einer Verkehrswende zu Ungunsten der Bahn. Statt den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) konsequent zu fördern, setzt der Minister lieber auf die Vermeidung von Autobahnstaus: In Düsseldorf hat Wittke gestern eine „Offensive gegen den Stau in NRW“ vorgestellt.

Sein von der gesamten Landesregierung mitgetragenes Programm setze auf ein verbessertes Baustellenmanagement, die Beseitigung von Engpässen und auf moderne Kommunikationstechnik, so der Christdemokrat. Auf den Baustellen wichtiger Autobahnen werde künftig „von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang“ gearbeitet, verspricht Wittke. Dazu habe er ein „Bonus-Malus-System“ eingeführt, das besonders schnelle Baufirmen belohne: „Bei Verzug drohen dagegen empfindliche Vertragsstrafen“, so der Minister. So habe allein der um zehn Monate verkürzte Ausbau der A3 bei Köln Mehrkosten von 4,5 Millionen Euro verursacht.

„Kostenneutral“ seien seine „Turbo-Baustellen“ aber nicht, so Wittke zur taz: „Ich rechne bereits heute mit einer Rüge vom Bundesrechnungshof.“ Zahlen müsse aber nicht das Land, sondern der Bund. „Schließlich handelt es sich um Bundesfernstraßen.“ Im Bundesverkehrsministerium müsse sich statt einer „betriebswirtschaftlichen“ und damit billigen eine „volkswirtschaftliche Betrachtungsweise“ durchsetzen, fordert Wittke – schließlich entstünden durch Staus im Berufsverkehr Schäden „in Millionenhöhe“.

Mit Spott reagiert die Opposition auf die wenig konkreten Finanzierungskonzepte des Ministers. „Auf mehr Geld aus Berlin hat die alte Landesregierung zehn Jahre gewartet“, sagt etwa Oliver Keymis, Verkehrsexperte der grünen Landtagsfraktion. Auch der ADAC fordert, Wittke müsse mehr für den Erhalt der Landesstraßen tun, statt sich auf die Autobahnen zu konzentrieren. Selbst wenn die Mittel für Reparaturarbeiten von derzeit 50 Millionen Euro verdoppelt würden, könne nur der derzeitige Zustand erhalten werden, mahnen die Autolobbyisten.

Wittkes Absage an die „Schienenvorrangpolitik“ von Rot-Grün werde für noch mehr Staus sorgen, fürchtet der Grüne Keymis. „Was wir brauchen, sind mehr bessere ÖPNV-Angebote.“ Doch der CDU-Verkehrsminister selbst glaubt nicht an die Bahn. Im Nahverkehr würden nur neun Prozent aller Wege auf der Schiene zurückgelegt, so Wittke gestern – einer unter Rot-Grün erreichten Steigerung von über 30 Prozent zum Trotz. „Selbst wenn die Bahn für viele noch deutlich attraktiver würde, könnte dies die Straßen nicht deutlich entlasten.“ Ein „staufreies NRW“ aber sei nicht denkbar, räumt der Minister ein. „Verkehrsunfälle wird es immer geben.“ Besser werde es mit seinen Baustellen aber bestimmt: „Der Weg in den Himmel führt durch die Hölle.“