Wettkampf der Gehirne

Der Senat will die Stadtentwicklung mit einer Architektur-Olympiade vorantreiben: 80 Architekten sollen Ideen für zehn Orte entwickeln. Realisieren möchte man die besten Ideen binnen acht Jahren

von GERNOT KNÖDLER

Der Senat will in alle Stadtteile Leuchttürme setzen. Jeder Bezirk soll wenigstens ein beflügelndes Bauprojekt nach dem Muster der Elbphilharmonie erhalten. Die Ideen hierzu soll eine Architektur-Olympiade liefern. 80 dazu eingeladene Architekturbüros werden für insgesamt zehn Orte Vorschläge entwickeln. Dafür gibt es lediglich eine Aufwandsentschädigung und insgesamt neun symbolische Preise für die besten Ideen. Start ist am Donnerstag auf Kampnagel.

„Hamburg muss die Phase, die wir jetzt haben, nutzen“, sagte Stadtentwicklungssenator Michael Freytag (CDU). Die Stadt befinde sich als Metropole im Aufwind. Das hohe Tempo bei der Stadtentwicklung lasse sich aber nur halten, wenn es gelinge, die besten Köpfe dafür zu aktivieren.

Bei dem Ideenwettbewerb soll es aber nicht um die großen Projekte gehen, die von der Öffentlichkeit bereits aufmerksam verfolgt werden – etwa die Hafencity oder dem Sprung über die Elbe. Die Architekten sollen sich vielmehr mit problematsichen und chancenreichen Orten befassen, die über das ganze Stadtgebiet verstreut sind.

In Altona sollen sich acht Architekten überlegen, wie das Bahnhofsgelände neu genutzt werden könnte. Schon lange trägt sich die Bahn mit dem Gedanken, die ICEs und Fernzüge nicht mehr in den Sackbahnhof einfahren sondern direkt zum Dammtor abbiegen zu lassen. Die Frage ist, wie die umliegenden Stadtteile hier zusammen wachsen könnten.

In der Chemnitzstraße Ecke Holstenstraße sollen familienfreundliche Wohnungen auf einem ehemaligen Schulgelände gebaut werden – direkt neben dem geplanten Ersatzbau für das geschlossene Bismarckbad. Dabei soll ein altes Schulgebäude erhalten werden.

Am ehemaligen Fischereihafen, unterhalb des Altonaer Balkons, gilt es schicke Neubauten an die Stelle alter Lagerhäuser zu setzen, und die verbliebene Freifläche bei dem neuen Rhombus zu nutzen. Oberbaudirektor Jörn Walter wünscht sich neben Büros belebende Elemente, etwa eine dauerhafte Fischmarkthalle.

Stromaufwärts im Bezirk Mitte, zwischen den Landungsbrücken und dem Baumwall, muss zum Abschluss des Deicherhöhungsprogramms der Hochwasserschutz verbessert werden. Walter will das nutzen, um eine Anlage zu schaffen, die auch vom Niveau der dahinter liegenden Straße aus ansehnlich ist. Heute blickt man hier nur auf Parkgaragen und Wände.

In Eimsbüttel soll aus dem Universitätssportpark nördlich des Museums für Völkerkunde ein „Kompetenzzentrum Sport und Gesundheit“ werden. Bereits fest geplant ist ein neuer Hockeyplatz. Auch hier könnten Wohnungen gebaut werden.

Den Bezirk Nord will der Senat mit 150 Eigenheimen auf dem Hinsenfeld zwischen Lemsahl-Mellingstedt und Duvenstedt beglücken. „Wohnungen für das 21. Jahrhundert“, wünscht sich Walter hier. Im Stadtpark soll hinter dem See eine Stadthalle gebaut werden, in Anlehnung an das große Bauwerk, das bis zum Krieg hier stand. Das neue Hotel und Restaurant soll wieder ein Gegengewicht zum Planetarium auf der anderen Seite des Parks bilden.

In Wandsbek gilt es, die Wandsbeker Zollstraße östlich des Wandsbeker ZOB von einer Ausfallstraße in ein Stück Stadt zu verwandeln. In Bergedorf soll das „Glunz-Gelände“ am östlichen Ende der Fußgängerzone neu gestaltet werden. Ein Versuch der Firma ECE, hier ein Einkaufszentrum zu bauen, wurde vorerst gestoppt. Der Senat will Läden, Praxen oder Büros mit Wohnungen kombinieren. In Harburg wollen Freytag und Co. die frisch erworbene Röttiger-Kaserne neu bebauen lassen. 450 bis 600 Wohnungen für junge Familien und Gewerbeflächen sollen dabei herausspringen.

In spätestens acht Jahren, so Freytag, sollten die Ideen umgesetzt werden. Die Sorge, Hamburg könnte sich mit der Vielzahl gleichzeitiger Projekte übernehmen, bewerteten Vertreter der Immoblienwirtschaft als unbegründet. Ein gutes Dutzend von ihnen sponsert die Architektur-Olympiade.