Mehrheiten gegen Kohle und Atom

REGIERUNG Umweltgruppen protestieren zum Auftakt der Koalitionsverhandlungen über Energie

„Wir wollen, dass die Energiewende ein Erfolg wird“

HANNELORE KRAFT, SPD

BERLIN taz | Vor den Koalitionsverhandlungen zum Thema Energie haben Umweltorganisationen für einen Ausstieg aus der klimaschädlichen Kohlenutzung demonstriert. Greenpeace-Aktivisten bauten vor dem Bundesumweltministerium in Berlin Kohleloren auf, Campact hängte Hunderte Protestpostkarten gegen den Pro-Kohle-Kurs von Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) auf. Greenpeace veröffentlichte zudem eine Emnid-Umfrage, wonach eine Mehrheit der Wähler von Union und SPD einen Kohleausstieg bis 2040 befürwortet – allerdings nicht, wie von Greenpeace und Grünen gefordert, bis 2030.

Politiker von Union und SPD trafen sich am Donnerstag erstmals zu offiziellen Verhandlungen zum Thema Energie. Die Gespräche dauerten bei Redaktionsschluss noch an. Vor Beginn hatte SPD-Verhandlungsführerin Kraft den Vorwurf zurückgewiesen, eine Kohlelobbyistin zu sein. „Wir wollen, dass die Energiewende ein Erfolg wird“, sagte sie – um dann erneut vor „stark steigenden Energiepreisen“ zu warnen und die „Wettbewerbsfähigkeit“ der Unternehmen zu verteidigen. Die harte Pro-Kohle-Linie war auch innerparteilich auf Kritik gestoßen – und daraufhin in einer vorbereitenden Sitzung der SPD teilweise abgemildert worden.

Der geschäftsführende Umweltminister Peter Altmaier (CDU) betonte zum Auftakt der Gespräche, man wolle gemeinsam dafür sorgen, dass die Energiewende „gelingt und bezahlbar bleibt“. Auch zwischen den Verhandlern der Union gibt es heftige Meinungsunterschiede, etwa zum EU-Klimaschutz.

Das Thema Atomkraft wird bei den Verhandlungen hingegen keine große Rolle spielen – zum Leidwesen der Anti-Atom-Initiative .ausgestrahlt. Sie veröffentlichte am Dienstag eine repräsentative Emnid-Umfrage, derzufolge eine deutliche Mehrheit der Deutschen sich wünscht, dass der Atomausstieg beschleunigt wird. 56 Prozent der Befragten erklärten, sie seien dafür, die letzten Atomkraftwerke früher als 2022 abzuschalten. 41 Prozent sind dagegen. Auch unter den Wählern von CDU/CSU und SPD sind 52 Prozent für einen schnelleren Ausstieg, nur 45 Prozent dagegen.

Der schrittweise Ausstieg bis zum Jahr 2022 war nach der Atomkatastrophe von Fukushima gemeinsam von Union, SPD, FDP und Grünen beschlossen worden. Weder CDU/CSU noch SPD haben diesen Zeitplan seither infrage gestellt. Dass sich die Koalitionsverhandlungen vor allem um Strompreise und Kohle drehen, stößt bei .ausgestrahlt-Sprecher Jochen Stay auf Kritik. „Die Wähler von Union und SPD haben andere Prioritäten: Sie wollen mehr Tempo beim Atomausstieg“, sagte er der taz. MKR