Auf die Probe gestellt

KREUZBERG UND DIE DEALER

Mehrere schlagen schließlich vor, man möge doch mit den Dealern reden und nicht nur über sie

Der glatzköpfige Kreuzberger glaubt, die Lage im Görlitzer Park gut einschätzen zu können. „Das Problem ist: Die Parknutzung wird monopolisiert in Richtung der Drogenverkäufer“, ruft er ins Mikro. Er habe nichts gegen die schwarze Hautfarbe vieler Dealer, sagt er und bemüht einen Vergleich: Wenn lauter grüne Menschen im Park stünden, die für Kinder schädliches Eis verkauften, sei es auch nicht besser.

Ist das so? Und hilft es überhaupt, Schwarz durch Grün zu ersetzen, wenn doch der Unterschied zu den mehrheitlich weißen Alteingesessenen bestehen bleibt? Wie kann man Rassismus meiden, aber trotzdem über die wachsende Zahl schwarzafrikanischer Flüchtlinge sprechen, die im Park Drogen verkaufen – was viele Anwohner als unangenehm empfinden?

Kreuzberg ist nicht Hellersdorf. Und doch tun sich bei der von den Grünen veranstalteten Diskussion „Ein Coffeeshop für den Görlitzer Park“ im Jugendclub Kreuzer am Dienstagabend Einzelne schwer. Der Glatzkopf etwa spricht nicht nur von grünen Menschen, sondern auch davon, dass er ein „ästhetisches Problem“ mit den Dealern habe. Selbst Sozialneid schimmert durch: Die Dealer trügen teure Designerklamotten, mutmaßt einer. Sofort warnen andere wütend vor „Alltagsrassismus“, der Glatzkopf wird ausgebuht.

Auch die Wortbeiträge der Sensibleren wirken teils hilflos. Mehrere schlagen schließlich vor, man möge mit den Dealern reden und nicht nur über sie. Gute Idee. Aber welche Sprache sprechen „die“ überhaupt?

Minderheiten zu schützen, statt sie anzuprangern, gilt in Kreuzberg eigentlich als selbstverständlich. Der Görli wird den Kiez noch auf die Probe stellen.

ANTJE LANG-LENDORFF