PDS kämpft gegen 0,3-Prozent-Partei

Während die WASG-Spitze versucht, einen Alleingang ihrer abtrünnigen Landesverbände Berlin und Mecklenburg-Vorpommern zu verhindern, richtet sich die Linkspartei.PDS schon auf Wahlkämpfe gegen ihre früheren Freunde ein

BERLIN taz ■ Der Kampf zwischen Linkspartei.PDS und WASG einerseits sowie zwischen der „guten“ WASG und der „bösen“ WASG andererseits geht in die 26. Runde, ohne dass ein K. o. abzusehen ist. Die Entscheidung des WASG-Landesvorstandes Mecklenburg-Vorpommern vom Wochenende, gegen das Votum ihrer Bundespartei bei der Landtagswahl im September 2006 eigenständig anzutreten, hat die Position aller Konfliktbeteiligten nicht grundlegend verändert – nur verschärft.

Die WASG-Bundesspitze bemüht sich weiterhin verzweifelt, so zu tun, als sei sie gelassen. Wenn 30 Mitglieder in einem kleinen Landesverband etwas anderes wollten als tausende im gesamten Bundesgebiet, kommentierte WASG-Chef Klaus Ernst den Affront der Mecklenburger, dann sei das für das Gesamtprojekt nicht von Bedeutung. Worin genau diese Nichtbedeutung besteht, wissen Ernst und seine Führungscrew im Moment aber noch nicht so genau. Der Entzug der finanziellen Unterstützung für die renitenten Landesverbände in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern ist dabei noch das geringste Problem. Viel entscheidender ist die Frage, ob die Beteiligung der beiden trotzkistischen Splittergruppen an den Landtagswahlen noch verhindert werden kann – und wenn nicht, ob die Landesverbände dann unter dem Label „WASG“ antreten dürfen.

Eine Entscheidung über das disziplinarische Vorgehen der WASG-Spitze soll voraussichtlich am Samstag fallen, wenn sich der Bundesvorstand zum wiederholten Male mit den Alleingängen von Berlin und Mecklenburg-Vorpommern beschäftigt. Die Parteiführung behandelt das Problem nur noch als eine parteienrechtliche Frage. Ein Treffen mit dem Landeswahlleiter von Berlin am Donnerstag soll Aufschluss darüber bringen, ob der Bundesvorstand der WASG eine Wahlanzeige seines Berliner Verbandes beim Landeswahlleiter, die bereits erfolgt ist, zurückziehen kann. Der Landeswahlleiter Andreas Schmidt von Puskas hatte sich in der vorigen Woche bereits festgelegt. Die vom WASG-Bundesparteitag abgesegnete Linie, den eigenständigen Wahlantritt der Berliner notfalls auch mit administrativen Maßnahmen zu verhindern, bezeichnete er als Ausdruck einer „vordemokratischen Denkweise“. Im Landeswahlgesetz sei davon die Rede, dass der Landesvorstand einer Partei Wahlvorschläge einreichen könne, nicht der Bundesvorstand.

Die Linkspartei.PDS richtet sich schon einmal darauf ein, im Herbst sowohl in Berlin als auch in Mecklenburg-Vorpommern gegen die WASG anzutreten. Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch bezeichnete das jüngste Signal aus dem Nordosten gestern zwar als „ärgerlich“, den übrig gebliebenen Landesverband aber auch als eine „zu vernachlässigende Größe“. Ob die Splitter-WASG „0,3, 0,4 oder 0,7 Prozent“ erreiche, sei „gleichgültig“. Klaus Ernst, Oskar Lafontaine und andere WASG-Politiker würden bei den Wahlkämpfen ausschließlich die Linkspartei unterstützen. Zuvor jedoch, so Bartsch, würden die juristischen Mittel gegen die geplanten Alleingänge „bis zum Ende ausgeschöpft“. Wann dieses Ende naht? Hoffentlich bald. JENS KÖNIG