Millionen auf der Flucht

SYRIEN Die Zahl der syrischen Flüchtlinge im In- und Ausland wird immer größer und ihre Lage immer dramatischer. Nun schlägt die UNO Alarm, da ihr der Zugang zu den Hilfsbedürftigen erschwert wird

VON BEATE SEEL

Die UNO befürchtet, dass die Zahl der syrischen Flüchtlinge im Ausland im kommenden Jahr auf fünf Millionen steigen könnte, falls die Kämpfe im Land weiterhin eskalieren. Derzeit haben sich nach Angaben des UN-Flüchtlingshochkommissariats UNHRC vom Donnerstag 2.192.222 Menschen in andere Länder in Sicherheit gebracht.

Diese Zahl bezieht sich auf die Nachbarstaaten Jordanien, Libanon, Türkei, Irak und Ägypten sowie auf Flüchtlinge, die bereits als solche registriert sind beziehungsweise sich im Prozess der Registrierung befinden. Im Fall des Libanon nennt die UNO die Zahl 805.741 Flüchtlinge bei gut vier Millionen Einwohnern. Demgegenüber beziffert die Regierung in Beirut die Zahl auf 1,5 Millionen.

Im Fall Jordaniens, das 541.025 Flüchtlinge aufgenommen hat, werden derzeit nach einem Bericht von Amnesty International Hunderte Syrer an der Grenze abgewiesen oder abgeschoben. Dies betrifft vor allem Palästinenser, Menschen ohne gültige Papiere und alleinstehende Männer. „Diese Zurückweisungen und die anhaltenden Kämpfe im syrischen Grenzgebiet führen dazu, dass Tausende Vertriebene dort in der Falle sitzen“, warnt die Nahostexpertin von Amnesty, Ruth Jüttner.

Angesichts des bevorstehenden Winters mit heftigen Regenfällen und Schnee hat der UNHCR mit Hilfslieferungen nach Syrien begonnen, stößt dabei aber auf zahlreiche Probleme beim Zugang zu den Bedürftigen. Alle humanitären Missionen und Hilfskonvois benötigten eine schriftliche Genehmigung, und die Ausstellung von Visa für Mitarbeiter der UNO und von NGOs sei unberechenbar, erläutert UN-Nothilfekoordinatorin Valerie Amos. Viele Helfer erhielten nur Visa für eine einmalige Einreise oder für eine kürzere Periode, als die Dauer ihres Einsatzes es erfordert.

Darüber hinaus wird der Zugang zu Hilfsbedürftigen durch die anhaltenden Kämpfe behindert. Besonders hart betroffen sind dabei die Einwohner von Orten, die von Aufständischen gehalten und von der Regierungsarmee teils über Monate hinweg belagert werden. Lebensmittel und Medikamente werden nicht durchgelassen. Als „Aushungern bis zur Unterwerfung“ bezeichnet die Armee ihre Strategie.