„Ein Sexkaufverbot ist sicher nicht machbar“

ARBEIT Maria Flachsbarth (CDU) unterstützt Appell gegen Prostitution, bleibt politisch aber eher vage

■ 50, ist Tierärztin und seit 2002 CDU-Abgeordnete im Bundestag. Vor zwei Jahren wurde sie zur Präsidentin des Katholischen Deutschen Frauenbundes gewählt.

INTERVIEW HEIDE OESTREICH

taz: Frau Flachsbarth, Sie unterstützen den „Appell gegen Prostitution“ von Alice Schwarzer, wonach Freier in Zukunft, „wenn nötig“, bestraft werden sollten. Warum sind Sie denn da in acht Jahren Regierung bisher nicht tätig geworden?

Maria Flachsbarth: Ich bin auch Präsidentin des Katholischen Deutschen Frauenbunds. Und wir können uns eine Welt ohne Prostitution durchaus vorstellen. So weit gehen wir in der Union nicht. Die Union wollte eine strenge Regulierung von Prostitution und Prostitutionsstätten. Mehr war mit der FDP nicht möglich. Zum Beispiel sollen Verträge schriftlich gemacht und soll Mietwucher verboten werden. Für Zwangsprostituierte wollten wir Änderungen im Aufenthaltsrecht, damit sie sich trauen, eine Aussage zu machen.

Also werden Sie sich in der Union nun nicht für eine Sexkaufverbot einsetzen?

In der Politik muss man das Machbare im Auge behalten. Und ein Sexkaufverbot ist in dieser Form sicher nicht machbar. Auch wenn ich es mir persönlich vorstellen kann.

Im Aufruf heißt es: „Wenn nötig“ sollen Freier bestraft werden. Wann ist das nötig?

Nötig ist die Bestrafung, wenn es sich bei der Prostituierten um ein Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution handelt. Wenn die Umstände so sind oder wenn man merkt, diese Frau macht das nicht freiwillig, dann muss der Freier bestraft werden.

Wie soll ein Freier das erkennen? Viele Frauen können kaum Deutsch und sagen ohnehin, sie seien freiwillig hier.

Ich bin sicher, dass Freier das meistens erkennen können. Sie sehen doch, wenn Sie sich mit jemandem unterhalten, ob der in einer Zwangslage ist.

Und wenn nun eine Frau so arm ist, dass sie sich hier prostituiert, ist das dann eine Zwangslage oder nicht?

Wir wollen nicht Prostituierte bestrafen, die sich hier freiwillig prostituieren. Sondern die, die mit Menschen handeln.

Als Katholikin sagen Sie, dass Sie sich eine Welt ohne Prostitution vorstellen können. Ist eine Welt, in der Prostitution verboten ist, eine Welt ohne Prostitution?

Es geht mir nicht darum, Prostituierte zu diskriminieren. Aber ich möchte, dass es eine gesellschaftliche Debatte darüber gibt, was Freier da eigentlich machen. Vor einigen Jahren haben wir diskutiert, was Männer machen, die nach Asien fliegen und dort Sex mit Kindern haben.

Das ist ja auch eine Straftat. Da geht es um Kinder und nicht um Erwachsene.

Ja, aber auch da sind die Grenzen fließend. Sehen Sie mal, wie jung die Frauen sind, die heute in der Prostitution landen.

Der Appell fordert Maßnahmen zur „Abschaffung des Systems Prostitution“. Das kann man als generelles Sexkaufverbot lesen, insbesondere wenn das schwedische Verbot als beispielhaft dargestellt wird. Stört Sie nicht, dass Sie für etwas unterschrieben, was sie gar nicht wollen?

Ich halte das Anliegen insgesamt für so dringend, dass ich gern unterschrieben habe.

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