Ersatz für die Ersatzbank

Der deutsche Basketball hat ein Problem mit seinen Talenten. Die versauern in der Bundesliga auf der Bank. Nun sollen eine Nachwuchs-Liga und eine modifizierte Ausländerregelung Abhilfe schaffen

Hinter den Vize- europameistern um Nowitzki klafft eine beunruhigende Lücke

VON MARCUS FIEBIG

Der Erfolg kam nicht wirklich überraschend. Schließlich schickten die EWE Baskets Oldenburg gleich acht Spieler aufs Parkett, die im Mutterland des Basketballs geboren wurden. So qualifizierten sich die Oldenburger für die Playoffs der Bundesliga. Die neue Ausländerregelung machte es möglich. Erstmals durften die Bundesligisten so viele Amerikaner einsetzen, wie sie wollten. Das brachte den Erfolg. Und ein Problem.

Denn selbst in Oldenburg hat man erkannt, dass „die breite Öffentlichkeit“, so Geschäftsführer Hermann Schüller, Probleme hat, „sich mit Basketball zu identifizieren“, wenn keine deutschen Spieler mehr zu bejubeln sind. Also hat die Liga die so genannte Nachwuchs-Basketball-Bundesliga (NBBL) ins Leben gerufen. Ab Oktober sollen dort hoffnungsvolle Talente bis 19 Jahre die Erfahrungen sammeln, die ihnen sonst versagt bleiben im tagtäglichen Konkurrenzkampf in der Bundesliga, den sie meistens nur von der Bank aus miterleben. Auch die Oldenburger basteln bereits an einer schlagkräftigen Junioren-Auswahl für die NBBL.

Die Nachwuchs-Liga ist nötig, weil hinter Nowitzki und seinen fleißigen Helfern, die zuletzt EM-Silber unter der Führung von Dirk Bauermann erkämpften, eine beunruhigende Lücke klafft. In der Basketball-Bundesliga (BBL) bekommen junge deutsche Spieler so gut wie keine Einsatzminuten und selbst die hoffnungsvollsten unter ihnen stagnieren so in ihrer Entwicklung. Bundestrainer Bauermann will deshalb Talente schon in der dritten und vierten Schulklasse sichten lassen. Denn auch die deutschen Jugend-Nationalmannschaften sind im internationalen Vergleich bestenfalls Mittelmaß. Die NBBL soll die Talente deshalb an die zweite Bundesliga und die BBL heranführen.

Beim Eishockey war man schneller, aber nicht unbedingt erfolgreicher. So skaten, schießen und raufen die besten Nachwuchs-Eishockeyspieler bereits seit sechs Jahren in der Deutschen Nachwuchs-Liga (DNL). Das Gerüst an Talenten ist trotzdem dünn geblieben. Die U20-Auswahl qualifizierte sich – wie die erwachsenen Kollegen – erst in diesem Jahr wieder für die A-WM. Das neue Konzept brachte bislang nur Nullwachstum.

Für die NBBL stehen die Bewerber trotzdem Schlange: Auch die etablierten Größen Alba Berlin, Rheinenergie Köln und Bayer Leverkusen wollen ihre Junioren in den Wettbewerb schicken. Denn selbst bei Alba Berlin, früher bekannt durch seine engagierte Nachwuchsarbeit, haben es die deutschen Talente schwer, sich durchzusetzen. Vier Entwicklungsspieler stehen im Alba-Kader, ihre Einsatzzeiten aber sind mager. Selbst das Top-Talent Philip Zwiener spielt durchschnittlich ganze sechs Minuten pro Match. Auch beim aktuellen deutschen Meister GHP Bamberg, immerhin trainiert von Bundestrainer Bauermann, sieht es kaum besser aus: Als einziger Deutscher kommt dort Nationalspieler Steffen Hamann zu regelmäßigen Einsätzen.

Aber kann die NBBL den deutschen Nachwuchs wirklich voranbringen? Natürlich, glaubt Thomas Glasauer, zukünftiger Coach der Oldenburger NBBL-Mannschaft, und erhofft sich „großartige Perspektiven“ und eine „Professionalisierung der Talentförderung im Leistungsbereich“. Spitzentalente sollen nun übersichtlicher ausgespäht werden und schnellere Fortschritte machen. Und das zudem auf ungleich höherem Niveau als bisher, weil die besten Spieler in 32 NBBL-Klubs gebündelt werden. Vorbei sollen die Zeiten sein, in denen versierte Teams im eigenen Landesverband 120:30 gegen das Nachbardorf gewannen.

Kritiker der neuen Liga finden sich kaum. Nur hinter vorgehaltener Hand hört man Klagen, dass große Vereine nun die besten Spieler für ihre Nachwuchsteams zusammenkaufen und in der Provinz dafür das Licht ausgeht. Die Moserei aber rückt in den Hintergrund angesichts der Hoffnung, dass einheimische Talente in naher Zukunft die internationale Konkurrenz auf die Bank drängen könnten. Das befördern soll auch eine neue Liga-Regelung: Ab der Saison 2009/2010 müssen pro Bundesliga-Partie mindestens vier deutsche Spieler pro Zwölfer-Mannschaft auf dem Spielberichtsbogen aufgeführt werden statt wie bisher einer. Aber niemand hindert die Trainer daran, weiter mit einer Achter-Rotation aus Ausländern zu spielen. Schließlich entscheidet der Tageserfolg in der BBL über die Verlängerung von Sponsoren- und Trainerverträgen. Da können Nachwuchstalente nicht langsam herangeführt werden. Hier kann die NBBL womöglich Abhilfe schaffen.