LESERINNENBRIEFE
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Was macht den Menschen aus?

■ betr.: „Seehofers Ziel: ruhende Rechte für Migranten“,taz vom 1. 11. 13

Das Thema „Doppelte Staatsbürgerschaft“ wird richtig kompliziert, wenn man überlegt, wer wo wann an politischen Wahlen teilnehmen dürfen sollte. Weil ich in Moers wohne, wähle ich hier den Bürgermeister, in Duisburg darf ich nicht wählen. Die dahinter stehende Logik leuchtet mir ein. Wo ich lebe, da bestimme ich mit.

Meinem ganz persönlichen Gefühl nach gehören Menschen mit alten oder frischen türkischen Wurzeln schon längst zu unserer Gesellschaft. Der Vater meiner Mutter wuchs in Alsum am Rhein auf, der Vater meines Vaters in Schlesien. Beide fanden Arbeit in der Duisburger Stahlindustrie. Dort arbeite ich heute auch und bin völlig platt, wenn mir meine erwachsene Tochter erzählt, sie sei bei der Wohnungssuche im südlichen Teil Deutschlands mit den Worten „Das ist aber kein deutscher Familienname“ konfrontiert worden. Für mich gilt es, die dahinter steckenden Beweggründe zu erforschen. Warum reduziert ein Mensch seinen eigenen Wert auf seine Abstammung, um einen anderen zu beeindrucken? Was macht den Menschen aus? Die Antwort darauf dürfte weniger kompliziert sein als die Regularien für die Mehrfachstaatsbürgerschaft. Je intensiver die politische Einigung Europas bearbeitet wird, desto einfacher wird die Lösung der Staatsbürgerschaftsfragen. Für mich sind die Menschen der Türkei Europäer. HANS-JÜRGEN SITTEK, Moers

Gute alte Wäscheleine

■ betr.: „Stromhungrige Wäschetrockner“, taz vom 31. 10. 13

Auf 21 Terawattstunden im Jahr schätzt die EU also den Stromverbrauch durch private Wäschetrockner. Wow! Und nun soll der Verbrauch dieser Stromfresser per Verordnung ein bisschen gesenkt werden und die Industrie damit neue Trockner absetzen können. Wie viel Strom verbraucht die Produktion dieser Geräte?

Ja, kommt denn niemand auf die Idee, dass man diesen irren Stromverbrauch ganz schlicht und einfach komplett vermeiden könnte: durch eine gute alte Wäscheleine! Ich habe in meinem ganzen Leben noch keinen Trockner gebraucht, egal, wo und wie ich wohnte, auch nicht, als noch die Kinder im Haus waren. Im Winter dauert’s halt manchmal ein wenig länger, aber die meisten Leute haben ja heutzutage mehr als zwei Hosen … Wäre das nicht toll: da könnte man sofort zwei Atomkraftwerke abschalten!

DOROTHEA HEIM-KLEMM, Rot an der Rot

Nothing personal, of course

■ betr.: „Ein Leben mit Lou Reed“, taz vom 29. 10. 13

Eine „Rückschau auf ein Leben“ verspricht die taz-Titelseite. Fragt sich nur, welches Leben: das von Lou Reed oder das des Autors? Wie so viele Rockstars war Lou Reed sicherlich narzisstisch veranlagt, doch wie unwürdig, ja fast zynisch ist es bitte, dem Verstorbenen einen anmaßenden, mit Worthülsen gespickten und einer für Nicht-Eingeweihte unverständlichen Einleitung garnierten „Nachruf“ aus der Feder eines offenbar nicht minder narzisstischen Autors zu widmen? Da zuckt der mitteljunge taz-Leser zusammen, während ihm, oh Wunder, der Hinterreifen seines alten Hollandrads entgegenhüpft. Nothing personal, of course. STEFAN THOBEN, Hannover

Polemik gegen CSU?

■ betr.: „Entschleunigung spart Milliarden“, taz vom 30. 10. 13

In dem Artikel wurde erneut die Meinung vertreten, dass eine sogenannte Pkw-Maut für Ausländer in Deutschland gegen EU-Recht verstößt und deshalb unsinnig sei. Die taz selbst hatte allerdings schon vor einigen Wochen darüber berichtet, dass ein Ausgleichsverfahren für deutsche Autofahrer über die Kfz-Steuer bei Einführung einer Pkw-Maut wahrscheinlich zulässig ist (siehe „Streit um PKW-Maut“, 10. 9. 13). Diese Auffassung wurde nun vom EU-Verkehrskommissar Siim Kallas bestätigt. Es ist daher zu hoffen, dass in der taz jetzt nicht mehr Gegenteiliges zu lesen sein wird.

Auch wenn’s dem einen oder anderen in der Redaktion schwer fällt, zugeben zu müssen, dass Seehofer hier mal recht gehabt hat. Ob eine solche Pkw-Maut als diskriminierend zu bezeichnen ist, wird von Kallas ebenfalls verneint.

Obwohl ich kein Freund der CSU bin, vermute ich, dass hier wohl eine gehörige Portion Polemik gegen die Christsozialen im Spiel war. HARTMUT GRAF, Hamburg

Unmenschliches System

■ betr.: „Hartz-IV-Empfänger häufiger betroffen“, taz.de vom 31. 10. 13

Gängeln, geißeln, sanktionieren, ausgrenzen, alles das ist Hartz IV, ein zutiefst unmenschliches System, das die unter Mittelschicht von der Unterschicht trennt und einen Grund gibt, auf die dort unten herab zu blicken. Das in der sogenannten UNterschicht der H4 Bezieher, alleinstehende Mütter, Dauer Kranke und Menschen, die nach langen Arbeitsleben, plus Ehrenamt, plus Wehrdienst sind, wird vielen gar nicht klar. Die Schröder/Clement-Politiker haben im Verbund mit der Presse die Leute an den Pranger gestellt, das berühmt und berüchtigte Fordern und Fördern erfunden, damit haben sie einen Großteil der sozialen Errungenschaften abgeschafft.

Dass so ein System krank macht und nicht gerade für Gesundung sorgt liegt doch auf der Hand, Hat der Mensch mit seiner Kündigung schon genug zu tun, dann gibt ihm H 4 den Rest. FRANZK, taz.de