So zart, so zerbrechlich

RISIKEN Was alles den gegenwärtigen zaghaften Aufschwung gefährden könnte

Dass der Aufschwung nach der Rezession fragil ist, ist Konsens unter den Ökonomen. Aber was konkret kann ihn bedrohen?

Austeritätspolitik: Die Staaten haben sich in der Krise verschuldet, um das Finanzsystem vor dem Kollaps zu retten. Diese Schulden müssen zurückgefahren werden. Die Bundesregierung hat sich dabei mit ihrer Schuldenbremse unter Zugzwang gesetzt. „2010 muss die expansive Wirtschaftspolitik mit unverminderter Stärke fortgesetzt werden“, meint Gustav Horn vom Institut für Makroökonomie- und Konjunkturforschung. Sonst drohe ein Rückfall.

Entlassungen: Viele Firmen haben trotz Produktionsrückgang ihren Beschäftigtenstand gehalten, weil sie keine Fachkräfte verlieren wollten. Die Mitarbeiter arbeiteten kurz, bummelten Überstunden ab oder bauten auf Arbeitszeitkonten Unterstunden auf. Nun werden diese Arbeitnehmer in den regulären Prozess zurückgeholt. Das funktioniert nur, wenn die Unternehmen relativ schnell wieder ausgelastet sind. Aber: Die Unternehmen werden bis auf weiteres unter ihren Kapazitäten arbeiten. Zugleich sind viele Betriebe dabei, nun die Kosten zu senken. Wenn es nun zu massenhaften Entlassungen kommt, würden dies volkswirtschaftlich gesehen den privaten Konsum und damit das Wachstum beeinträchtigen.

Exportabhängigkeit: Zwar häufen sich bei den deutschen Firmen wieder die Aufträge aus dem Ausland. Doch Kai Carstensen, Konjunkturexperte am ifo, sieht den Aufschwung gefährdet, „wenn viele deutsche Handelspartner gleichzeitig kräftig auf die Bremse träten und sparten“. Angesichts der verbreitet hohen Staatsverschuldungen und des Spardogmas durch den Maastricht-Vertrag könnte dies vor allem in der Eurozone passieren.

Kreditklemme: Obwohl die Europäische Zentralbank den Leitzins seit Mai 2009 auf dem historischen Tiefstand von einem Prozent hält und die Geldschleusen für die Finanzinstitute weit geöffnet hat, klagen immer mehr Unternehmen über zunehmende „Zinshürden“. Die Bundesbank hält das zwar für „keine ernsthafte Bedrohung“, aber bei der Wirtschaftsauskunftei Creditreform heißt es: „Für den Mittelstand ist es schwieriger geworden, Kredite zu bekommen.“

Neue globale Krise: In den USA brechen derzeit die Preise für Gewerbeimmobilien ein. In der Folge drohen den Banken nach Berechnungen des Internationalen Währungsfonds Abschreibungen von bis zu 588 Milliarden Dollar. Der Crash am Eigenheimmarkt, der der jüngsten Krise vorangegangen war, hatte Wertberichtigungen in Höhe von 520 Milliarden Dollar gefordert. Abgesehen vom erwartbaren Dominoeffekt sind einige deutsche Banken direkt betroffen. Zudem könnten nach Griechenland weitere Länder in drohende Zahlungsunfähigkeit gedrängt werden. Neben den wirtschaftlichen und sozialen Konsequenzen in den betroffenen Ländern würde das wiederum dreistellige Milliardenabschreibungen bei den Banken bedeuten. „Die Stabilität des globalen Finanzsystems ist nicht gesichert“, sagt Jose Vinals, der Direktor der IWF-Kapitalmarktsparte. BW