WM-Ersatz in Bremen

Bei der Fußball-WM ist Bremen leer ausgegangen. Aber dafür kommen die Schweden, die Roboter, die Schriftsteller, die Jugendspieler – und Werder Bremen stellt lächelnd ein paar Nationalspieler ab

von Jens Fischer

Der goldige Fifa-Pokal hat seinen Live-Auftritt an der Weser schon absolviert. Die komplette Fußballisierung der Öffentlichkeit ist in Bremen genauso weit fortgeschritten wie in anderen Städten. Trotzdem steht die Hansestadt im Abseits. Und zwar deutlich. Nachdem sie als Nicht-WM-Spielort nominiert worden war, interpretierte man diese Abseits-Position als eine passive. Die letzte Wahrheit, also das Fußball-Regelwerk, besagt in diesem Fall, dass weitergespielt werden darf.

So kann Bremen die WM-Offensive fortsetzen. Mal ehrlich: Im Weserstadion bietet Werder die torreichsten Heimspiele der Bundesliga. Da benötigt man nicht noch so Exoten-Kicks wie Hamburg (Saudi-Arabien – Ukraine) oder Hannover (Mexiko – Angola). Lieber widmet man sich dem WM-Motto „Die Welt zu Gast bei Freunden“ – und flaggt die Fußballfieberzeit blaugelb aus. An allen markanten Plätzen wird zur WM 2006 die schwedische Nationalflagge wehen, da das WM-Kickerteam aus Skandinavien bei Werder trainieren und sich anschließend im schnieken Park-Hotel entspannen will.

Für die multimedial geschürte Fan-Euphorie sind natürlich auch Veranstaltungen von eventuösen Ausmaßen geplant. Patrick Owomoyela kennt sich da aus. Falls sein Name am kommenden Montag nicht auf der WM-Fahrer-Liste auftauche, so flachst der Werder-Spieler, „dann kann ich noch zum Robo-Cup gehen“. Oder zur WM der Autoren, wo Schriftsteller zum Wettkampf um die besten Texte auflaufen. Oder zur „Theatersport WM“ für Improvisations-Ensembles. Oder zum „One Nation Cup“ mit zwölf U-15-Mannschaften aus elf Ländern. Oder, oder oder …

Ein Highlight im Bremer WM-Ersatzprogramm könnte tatsächlich der von Owomoyela erwähnte Robocup werden: Zwischen dem 14. und 20. Juni messen sich in Bremen die Roboter-Ländermannschaften – etwa in der „Humanoidliga“. Die Teams stammen aus Forschungseinrichtungen für künstliche Intelligenz. Und dort immerhin zählen die Deutschen zur Weltspitze.

Bei der Fußball-WM hingegen seien andere Favoriten, vermutet Owomoyela während der offiziellen Vorstellung der Bremer WM-Spieler – Vranjes und Klasnić für Kroatien, Nelson Valdez für Paraguay. Von den deutschen Werderanern machen sich Klose, Frings, Borowski und eben Owomoyela berechtigte Hoffnungen aufs DFB-Trainingslager. „Mich erinnert das an Jugendfahrten von früher: gute Stimmung, viel Spaß“, freut sich Owomoyela.

Valdez verspricht, vier Tore für sein Land zu schießen. Klose kontert: „Ich schieße sechs.“ Was die Frage aufwirft: Werden sechs Tore reichen, um ins Endspiel zu kommen? Denn wer soll neben Klose noch das Runde ins Eckige befördern? Konkurrenzdruck spüre er jedenfalls nicht im Nationalteam, erklärt Klose. An seinem 28. Geburtstag wird er als Bundesliga-Torschützenkönig ins Eöffnungsspiel gehen. „Bei ihm klappt momentan ungefähr alles, ohne dass er weiß warum“, so Owomoyela über seinen Kollegen. Der hat als Erklärung nur den Mythos „hart erarbeitet“ zu bieten. Er „schwirre“, meint Klose, in der Nähe von 100 Prozent seiner Leistungsfähigkeit herum. „WM-Favoriten aber sind Brasilien und Argentinien, die wo halt immer vorne mitmischen.“

Lauschen wir auch mal den anderen Bremer-für-Deutschland-Typen. „WM ist das Größte“, sagt Frings. Während Owomoyela amüsiert zur Kenntnis nimmt, dass derzeit auch die letzte Unterhose mit WM-Emblemen bedruckt wird. Weniger amüsiert sieht er den Berliner Arne Friedrich auf seiner Position in der rechten Defensive im Vorteil, weshalb Owomoyela sich akribisch durch den Fitness-Plan des Bundestrainers schwitzt. Nach dem Werder-Training geht er noch ins Fitnessstudio oder zum Joggen, „so dass sich meine Sprintwerte schon spürbar verbessert haben“. Das „System Klinsmann“ entspricht für ihn dem bei Werder: im Mittelfeld die Räume verengen, schnelles Umschalten von Abwehr auf Angriff, temporeiches Passspiel – um von der „Großbaustelle Abwehr“ abzulenken.