off-kino
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

„Ein Fisch namens Wanda“ 13. 5.–17. 5. im Lichtblick

Manchester 1866: Es ist die Ära der Dampfmaschinen und des technischen Fortschritts – und das Zeitalter des ungebremsten Kapitalismus. In dieser Epoche siedelt der japanische Regisseur Katsuhiro Otomo seinen Animationsfilm „Steamboy“ (2004) an, eine Retro-Sciencefiction-Geschichte um die fantastischen Abenteuer des jugendlichen britischen Erfinders Ray Steam und der ebenso hoch- wie stupsnäsigen Amerikanerin Scarlett. Als um den von Rays Vater und seinem Großvater entwickelten „Steamball“, der große Energie auf kleinstem Raum konzentriert, ein erbittertes Ringen von Waffenproduzenten und Regierungsagenten anhebt, muss der von allen Neuerungen ganz naiv begeisterte Sohn letztlich erkennen, dass Technik auch moralische Fragen aufwirft. Der große Spaß des Films aber sind die fantasievollen Technikwunderwerke, die dem Zuschauer in hyperrealistischer Detailgenauigkeit vorgeführt werden: ausgefallene Dampfschiffe, Zeppeline, Tauchboote, Dampfsoldaten, Flugmaschinen – und als Krönung ein Ausstellungspavillon, der sich in ein schnaufendes Raketen-Dampfschloss verwandelt.

Ein allen Neuerungen aufgeschlossener Erfinder ist auch Eugene Morgan (Joseph Cotten) in Orson Welles Familien- und Gesellschaftsdrama „The Magnificent Ambersons“ (1941): Während er um die Jahrhundertwende in Amerika bereits Automobile baut, kutschieren seine Zeitgenossen noch mit Pferd und Wagen in der Gegend herum. Morgans Aufstiegs- und Erfolgsgeschichte kontrastiert Welles mit dem gesellschaftlichen Abstieg der Familie Amberson, deren jüngster Spross, das arrogante Ekelpaket George (Tim Holt), nicht einsehen will, dass sein Standesdünkel und die althergebrachten Gutsherrenmanieren nicht mehr in die neue Zeit passen. Gibt er anfangs noch prunkvolle Feste, so sind die Räume am Ende verwaist, die Möbel verhängt und die Ambersons pleite. Das kuriose Happyend stammt allerdings nicht von Orson Welles, dem der Schnitt aufgrund katastrophal verlaufener Previews aus den Händen genommen wurde, sondern vom Regieassistenten Freddie Fleck.

„The Magnificent Ambersons“ (OF) 14. 5. im Zeughauskino

Otto (Kevin Kline) ist Psychopath, Killer mit einer fatalen Schwäche für Nietzsche und amerikanischer Supermacho. Vor allem aber ist Otto ziemlich dumm, weshalb er die kriminellen, um einen Juwelenraub kreisenden Pläne seiner Kumpanen auch nur mit Mühe begreift und die London Underground für eine politische Gruppierung hält. Aber wehe, jemand kommt auf die Idee, ihn dämlich zu nennen: Dann wird Otto richtig böse. Für seine Darstellung des unentwegt unter Starkstrom stehenden Gangsters in Charles Crichtons „Ein Fisch namens Wanda“ gewann Kevin Kline den Oscar als bester Nebendarsteller. Verdient hätte er wohl eher die Statuette für die beste Hauptrolle: Stellt er seine Kollegen (Jamie Lee Curtis, John Cleese, Michael Palin) in der Ensemblekomödie, die bruchlos Slapstick, Monty-Python-Humor und Screwball Comedy miteinander verbindet, doch dank einer hochtourigen Energieleistung spielend in den Schatten.

„Steamboy“ 12. 5.–13. 5. im Filmkunst 66

Lars Penning