„So kommt keiner in die schwarzen Zahlen“

Verlegerpräsident Helmut Heinen schließt Gratiszeitungen in Deutschland weiter aus – „kein Geschäftsmodell“

taz: Herr Heinen, der Gratiszeitungsmarkt in der Schweiz boomt – wann gibt es den nächsten Vorstoß hierzulande?

Helmut Heinen: Zumindest kurzfristig wird es bei uns keine erfolgreichen Gratiszeitungen geben. Denn wenn ein Verlag einen solchen Titel auf den Markt bringt, wird es immer Mitbewerber geben, die das auch machen. Und so kann keiner in die schwarzen Zahlen kommen. Ich glaube, dass sich diese Erkenntnis auch durchgesetzt hat.

Sind Gratiszeitungen also ganz passé?

Unter heutigen Bedingungen ganz sicher. Die Rahmenbedingungen müssten sich schon wesentlich verändern, aber das sehe ich auf die nächsten drei bis fünf Jahre nicht.

Viele deutsche Verlage haben aber längst Gratis-Konzepte in der Schublade. Außerdem könnte wieder ein ausländischer Konzern mit einem Gratistitel loslegen.

Ich halte beides für unrealistisch, weil sich in jedem Falle ein zerstörerischer Wettbewerb einstellen würde: Entweder fängt Springer an, dann werden die anderen dagegenhalten. Oder jemand anderes fängt an, dann reagiert Springer. Und wenn ein ausländischer Konzern mitspielt, wird der Kampf noch intensiver.

Wieso ist die Situation in der Schweiz dann so ganz anders?

Ich glaube, dass im deutschen Pressemarkt relativ wenig Platz für Gratiszeitungen bleibt. Mag sein, dass in der Schweiz auch die Werbepotenziale besser sind – aber ich will ausländische Verhältnisse nicht abschließend kommentieren. Köln, wo 2001 drei Gratistitel miteinander konkurrierten, hat ja gezeigt, dass es bei uns zu ernormen Abwehrkämpfen kommt. Die gab es meines Wissens in der Schweiz nicht. Vier Gratistitel werden aber auch in Basel nicht überleben.

Laut Medienwissenschaft erreichen Gratistitel auch Leser, die den klassischen Zeitungen den Rücken gekehrt haben. Bringen sich deutsche Verleger da nicht um eine Chance?

Die Einschätzung, dass hier die Chance besteht, nicht uninteressante neue Leserkreise zu erschließen, teile ich ausdrücklich. Nur muss das auch immer mit Geschäftsmodellen zusammenpassen. Und die sehe ich nicht.

Interview: STEFFEN GRIMBERG