Internet-Blog bringt Ägypter in den Knast

Der Regimekritiker Alaa Seif, von deutschen Organisationen preisgekrönt, wurde in Kairo verhaftet

KAIRO taz ■ Während sich der ägyptische Präsident Hosni Mubarak zu einem Staatsbesuch in Berlin aufhält, macht die neueste Verhaftungswelle gegen Reformer in Ägypten auch nicht vor deutschen Preisträgern Halt. Die Deutsche Welle und die Organisation Reporter ohne Grenzen hatten dem jungen Ägypter Alaa Seif letztes Jahr den Preis des besten Internet-Bloggers verliehen – nun sitzt der engagierte Internetstreiter für politische Reformen seit zwei Tagen im Gefängnis.

Verhaftet wurde der 24-Jährige mit neun anderen in Kairo auf einer Demonstration der Bewegung Kifaya (Es reicht), die sich gebildet hat, um ein Ende der Herrschaft Mubaraks einzuklagen. Die Demonstration hatte sich zusammengefunden, um zwei couragierte Richter des obersten Berufungsgerichts zu unterstützen, gegen die ein Disziplinarverfahren läuft, weil sie der Regierung massiven Wahlbetrug bei den letztjährigen Präsidentschaftswahlen vorwerfen. Damals war Mubarak für eine sechste Amtszeit gewählt worden. Insgesamt sind in den letzten Wochen bei friedlichen Demonstrationen fast 50 Reformer verhaftet worden. Gleichzeitig wurde der seit 1981 geltende Ausnahmezustand, der den Sicherheitskräften ohne richterliche Kontrolle uneingeschränkte Macht verleiht, um zwei weitere Jahre verlängert. „Die neuen Verhaftungen zeigen, dass Mubarak beabsichtigt, die friedliche Opposition zum Schweigen zu bringen“, heißt es in einer Erklärung der internationalen Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch.

Alaa Seif befindet sich nun zunächst für 15 Tage ohne offizielle Anklage in Verwaltungshaft. Er hatte auf seiner Webseite die Verhaftungswelle der letzten zwei Wochen mit Fotos und Videos dokumentiert. Reporter ohne Grenzen hat angekündigt, man werde „die ägyptischen Behörden um seine Freilassung bitten“.

Seinen preisgekrönten Weblog „Manal and Alaa’s bit bucket“ (www.manalaa.net) unterhält er zusammen mit seiner Frau Manal Hassan. „Das junge Ehepaar ist eine Institution unter den regimekritischen Bloggern ihres Landes“, erklärte die Deutsche Welle bei der letztjährigen Preisverleihung. „Sie setzen sich mit Nachdruck für Meinungsfreiheit, die Wahrung der Menschenrechte und für politische Reformen in Ägypten ein.“ Ihr Weblog biete außerdem anderen Initiativen und Bloggern freien Speicherplatz und praktische Hilfestellungen an und leiste damit einen wertvollen Beitrag zur Entwicklung einer kritischen und engagierten Bloggerszene in Ägypten und der arabischen Welt, lobten die Preisverleiher.

Alaa selbst war dennoch bescheiden geblieben. Die Bloggerszene in Ägypten werde überbewertet, hatte er in einem Interview mit der ägyptischen Wochenzeitung Al-Ahram Weekly erklärt. In Ägypten gebe es nur 400 Blogger, verglichen mit 70.000 im Iran, obwohl beide mit acht Millionen Menschen die gleiche Zahl an Internetnutzern habe.

„Ich glaube nicht, dass sich unsere Regierung ernsthaft Sorgen über unsere kleine Blogger-Szene macht“, lautete seine damalige Einschätzung. Wie es scheint, hat sich Alaa diesmal getäuscht. KARIM EL-GAWHARY