Beißende Krokodile

MEISTERSCHAFT Zum ersten Mal gewinnt eine Mannschaft aus Bursa den Titel in der Türkei

BERLIN taz | In gewisser Weise waren die Bilder der Meisterfeier am letzten Spieltag der türkischen Süper Lig dieselben wie jedes Jahr: Tausende Fans feierten mit der siegreichen Mannschaft im Stadion, organisierten Autokorsos durch die Stadt, füllten Plätze, Alleen und Gassen. Einzig der Ort der Freudetrunkenheit ist ein anderer als sonst: Bursaspor ist Türkischer Meister 2010.

2:1 siegte das Team aus dem Westen des Landes gegen den entthronten Titelträger Besiktas, schob sich so in letzter Sekunde noch vor Fenerbahce Istanbul, die mit einem Punkt Vorsprung in die letzte Spielrunde gingen, aber durch ein zähes 1:1 gegen Trabzonspor im besten Leverkusener Sinne von Trainer Christoph Daum den sicher gewähnten Erfolg in ganz großem Stil abgaben.

„Wir haben daran geglaubt. Wir haben es geschafft“, stand auf den grünen Baumwollleibchen, die sich die Bursa-Kicker nach Abpfiff überstreiften. Ertugrul Saglam, der 40-jährige Übungsleiter, zu aktiven Zeiten einer der besten Torjäger der Türkei, lief sichtlich erleichtert mit seinen Kindern auf den Platz zu den feiernden Kickern. „Ich bin stolz auf meine Spieler. Diesen Erfolg hat sich die ganze Stadt verdient“, so Saglam.

Der Klub wurde erst 1963 gegründet. Größter Erfolg für die Mannschaft aus der mit 1,4 Millionen Einwohnern viertgrößten Stadt des Landes war bisher der Pokalgewinn 1986. „Die großen Vier sind Geschichte“, hallte es durch die Redaktionen türkischer Gazetten. Jene großen Vier, das sind die sowohl publikums- als auch finanzstärksten Klubs Galatasaray, Fenerbahce, Besiktas und Trabzonspor, die in 51 Jahren Ligageschichte alle Titel unter sich verteilten.

Diese Bosporus-Schwarzmeer-Phalanx konnte nun ein Klub durchbrechen, der fast schon als Gegenpol erscheint zu den Geldausgebern von Galatasaray und Co. Die größten Namen bei den aufgrund ihrer bedingt geschmackvoll grün-weiß-gestreiften Jerseys „grüne Krokodile“ genannten Spielern aus Bursa lauten nicht Fabian Ernst, Milan Baros oder Alex, sondern Tomas Zapotocny, Ali Tandogan oder Ozan Ipek. Alle Neuzugänge waren ablösefrei. Nun könnten die „grünen Krokodile“ zu großen Namen werden.

DAVID DIGILI