CDU in AKW-Frage gespalten

ATOM Die Union streitet darüber, ob der Bundesrat Laufzeitverlängerungen zustimmen müsste. Ministerpräsident Mappus legt Umweltminister Röttgen den Rücktritt nahe

„Die CDU führt ein Stück aus dem Tollhaus auf“

SPD-ABGEORDNETER FRANK SCHWABE

VON NADINE MICHEL

Der Streit in der CDU über die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke spitzt sich zu. Der baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus hat Bundesumweltminister Norbert Röttgen (beide CDU) am Montag den Rücktritt nahegelegt. „Ich bin nicht mehr bereit, die Eskapaden des Bundesumweltministers zu akzeptieren“, sagte Mappus in Stuttgart. „Politik ist ein Mannschaftsspiel, und wer Individualsport bevorzugt, der muss sich ein anderes Tätigkeitsfeld suchen.“ Umweltminister Röttgen schoss kurz darauf in Berlin zurück. „Wir leben in einem Rechtsstaat, in dem wir uns an das Grundgesetz halten – auch wenn das Herrn Mappus nicht gefällt“, sagte er.

Der Grund für den Streit ist die Frage, ob der Bundesrat einer Laufzeitverlängerung zustimmen müsste oder nicht. Seit der verlorenen NRW-Landtagswahl hat Schwarz-Gelb in der Länderkammer keine Mehrheit mehr. Einige CDU-Politiker vertreten daher nun die Ansicht, dass eine Laufzeitverlängerung keiner Zustimmung bedarf – mit der Begründung, dass auch das Ausstiegsgesetz von der damaligen rot-grünen Bundesregierung ohne Länderzustimmung in Kraft getreten sei.

Das sieht Röttgen anders. „Von diesem Argument kann man sicher sagen, dass es nicht stimmt“, betonte er. Damals sei es um eine „Befreiung“ der Länder von ihrer Aufgabe gegangen, nun würde es um eine Verlängerung dieser Aufgaben gehen. Hinzu kommt laut Röttgen der Sicherheitsaspekt. Er will längere Laufzeiten an zusätzliche Auflagen knüpfen, womit die Länder zusätzliche Pflichten erhielten. Daher seien sie von der Entscheidung „massiv betroffen“. „Es ist ja schon putzig, dass ein Bundesland wie Baden-Württemberg ausdrücklich darauf besteht, dass sie nicht mitbestimmen dürfen“, so der Minister. Er selbst sehe „allenfalls Spielräume für moderate Verlängerungen“ ohne Bundesratszustimmung. Diese hingen von der konkreten Ausgestaltung des Gesetzes ab.

Doch Ministerpräsident Mappus ist nicht der Einzige in der Union, der von Röttgens Linie abweicht. Am Wochenende hatte bereits Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) angekündigt, dass die Regierung die Laufzeitverlängerung ohne Bundesratsbeteiligung durchsetzen wolle. „Bei der Verlängerung der Laufzeiten werden wir ein verfassungskonformes, zustimmungsfreies Gesetz haben“, sagte er der WAZ-Mediengruppe.

„Die CDU führt ein Stück aus dem Tollhaus auf“, kritisierte der SPD-Umweltexperte Frank Schwabe. Sylvia Kotting-Uhl von den Grünen bezeichnete Röttgen als „inkonsequent“. „Wer die Zustimmungspflichtigkeit einräumt, kann sich nicht auf ein bisschen zustimmungspflichtig rausreden – ein bisschen schwanger gibt es auch nicht.“

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