Harte Landung auf dem Börsenparkett

Im zweiten Anlauf bekommt Air Berlin seine Aktien auf den Finanzmärkten los. Doch obwohl die Papiere viel billiger waren als ursprünglich geplant, verloren sie gleich am ersten Handelstag weiter an Wert. Jetzt muss das Unternehmen neu rechnen

Auf dem europäischen Billigflieger-Markt erwarten Experten Unternehmenspleiten

AUS BERLINSTEPHAN KOSCH

Harte Landung nennt man so was wohl in der Fliegersprache. Der Billigflieger Air Berlin ist im zweiten Anlauf auf dem Börsenparkett angekommen. Allerdings verlor die Aktie gleich am ersten Handelstag rund 5 Prozent an Wert. Und dabei lag der Ausgabekurs mit 12,65 Euro bereits im unteren Drittel der schon reduzierten Preisspanne, zu der man die Aktien in den vergangenen Tagen reservieren konnte. „Viel Luft ist in der Aktie nicht drin“, kommentierte entsprechend Jürgen Pieper, Analyst beim Bankhaus Metzler. Air-Berlin-Chef Joachim Hunold demonstrierte dennoch Zuversicht. „Ich bin sehr zufrieden. Jetzt können wir in die Zukunft gucken und wachsen.“

Allerdings ist das Finanzpolster dafür dünner als angestrebt. 872 Millionen Euro wollten Air Berlin und die Altaktionäre durch den Börsengang einnehmen, 300 bis 400 Millionen Euro davon sollten ins Unternehmen fließen und zum Beispiel für den Kauf neuer Flugzeuge bereitstehen. Weil Air Berlin aber die Aktien zunächst zu teuer angeboten hatte und die Nachfrage ausblieb, musste die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft den bereits für vergangenen Freitag vorgesehenen Börsengang zunächst verschieben und den Aktienpreis senken. Jetzt dürften nur noch 195 Millionen Euro in die Firmenkasse fließen.

„Wir werden in der Flugzeugfinanzierung etwas umstrukturieren“, sagte Hunold, der Air Berlin für den Börsengang extra in eine britische PLC umwandelte, um Arbeitnehmervertreter aus dem Aufsichtsrat des Unternehmens heraushalten zu können. „Von unserem Wachstumspfad brauchen wir nicht abgehen.“ Das wäre auch problematisch, denn auf dem europäischen Billigflieger-Markt erwarten Experten reihenweise Unternehmenspleiten. Wer überleben will, muss andere Airlines schlucken oder sein Angebot erweitern. Europaweit sei nur Platz für zwei oder drei Billiganbieter, sagen zum Beispiel die Unternehmensberater von McKinsey.

Der Markt hat zudem unter steigenden Kerosinpreisen zu leiden. Deshalb haben Aktionärsschützer private Kleinanleger vor dem Kauf von Air-Berlin-Aktien gewarnt. Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger sieht die Papiere lediglich als Angebot „für risikofreudige Anleger“. Auch die Deutsche Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz sprach von einer „hochspekulativen Aktie“. Die Warnungen haben gefruchtet. Nur ein Zehntel der Aktien gingen während der Zeichnungsfrist an Privatanleger, der Rest wurde von institutionellen Investoren gezeichnet.

Sie werden nach Einschätzung von Analysten mindestens bis zum Jahresende warten müssen, bis ihre Aktien nennenswerte Gewinne verzeichnen. Allerdings sind sie damit nicht allein. 16 Börsengänge gab es bislang in diesem Jahr. Bei 7 von ihnen liegt der aktuelle Aktienwert zurzeit unter dem Ausgabepreis. Wie sich Air Berlin entwickelt, hängt davon ab, ob das Unternehmen bald in die Gewinnzone fliegt. 2005 machte Air Berlin noch 116 Millionen Euro Verlust.