Der grüne Milliardär

Guilherme Leal hat den Sprung in die große Politik gewagt: Der 60-jährige Vorzeigekapitalist aus São Paulo bewirbt sich um das Amt des brasilianischen Vizepräsidenten. Von ihrem „Traumvize“ erhofft sich die Grüne Marina Silva neuen Schwung für die Präsidentschaftswahl im Oktober.

Es wird nicht leicht für das Gespann: Umfragen räumen der früheren Umweltministerin gerade mal 10 Prozent ein, weit hinter Dilma Rousseff von der regierenden Arbeiterpartei und dem rechten Sozialdemokraten José Serra. Mit ihrem Vize und einem Antikorruptionsdiskurs zielt Silva auf die urbane Mittelschicht.

Leals Vermögen schätzt das US-Magazin Forbes wegen seiner Anteile an dem Kosmetikmulti Natura auf 2,1 Milliarden Dollar. Der fünffache Vater hat eine Bilderbuchkarriere hinter sich: Das BWL-Studium finanzierte sich der Beamtensohn durch Jobs, nach vier Jahren bei der Eisenbahngesellschaft gründete er eine kleine Kosmetikfirma. Schon bald organisierte er den Vertrieb von Seifen, Hautcremes, Shampoos, Schminke und Parfums über ein landesweites Netzwerk von Direktverkäuferinnen – heute sind es 800.000.

Schon Anfang der 90er-Jahre schrieben sich die Natura-Manager Umwelt- und Sozialverträglichkeit auf ihre Fahnen. 1998 gehörte Leal zu den Gründern des Instituto Ethos, einer Wurzel des Weltsozialforums und auch der „Bewegung Unser São Paulo: Eine andere Stadt“. Er ist von der Bedeutung einer „gut organisierten Zivilgesellschaft“ überzeugt, die fast ausschließliche Förderung des Individualverkehrs findet er irrational. Klimawandel und Weltwirtschaftskrise lassen ihn für einen „neuen, kohlenstoffarmen Entwicklungsweg“ werben. Mit seinem Ressourcenpotenzial habe Brasilien das Zeug zum Vorreiter, doch die Regierung vergebe diese Chance.

„Marina Silva sieht die Umweltfrage als Chance für das Wirtschaftswachstum, Präsident Lula als Hindernis“, sagt der bescheiden auftretende Mann, der bislang die Öffentlichkeit gescheut hatte und erst 2009 in die kleine, heterogene Grüne Partei eintrat. Ein „Paradigmenwechsel“ sei nötig, meint er, selbstverständlich unter kapitalistischem Vorzeichen, aber auch „mit einem starken und effizienten Staat“. GERHARD DILGER