WASGler erkunden rechtes Neuland

In Hessen ereilt die Wahlalternative ein weiterer „extremer Einzelfall“: Zwei Kreistagsabgeordnete haben sich mit einem „Rep“-Kandidaten zusammengetan. Wählertäuschung? Nein, sagen sie. Der Kollege „vertritt absolut unser Programm“

VON ASTRID GEISLER

Gerade hat die WASG den spektakulären Wechsel eines Bundesvorstandsmitglieds zur NPD-Landtagsfraktion in Sachsen als ärgerlichen „Einzelfall“ abgehakt, da muss sich die Partei erneut mit rechts drehenden Funktionären herumschlagen: Im hessischen Lahn-Dill-Kreis haben sich zwei frisch gebackene WASG-Kreistagsabgeordnete mit einem langjährigen Kommunalpolitiker der „Republikaner“ zusammengetan.

„Das ist ein extremer Einzelfall“, versicherte der hessische WASG-Sprecher Hermann Schaus der taz. Seine Partei lehne diesen Pakt „absolut“ ab. Man habe die Kommunalpolitiker aufgefordert, ihr Mandat zurückzugeben. Zudem seien beide aus der WASG ausgetreten und damit dem Rauswurf zuvorgekommen.

Die aus der WASG verbannten Kreistagsneulinge Adolf Tegel und Udo Sattler denken indes nicht daran, nach dem Gewinn von 2,2 Prozent der Wählerstimmen für die WASG ihre Posten im Kommunalparlament zu räumen. Ihr Bündnis mit dem Kandidaten der „Republikaner“, Markus Rompf, sei natürlich „politisches Neuland“, sagt Tegel. Aber von Wählertäuschung könne keine Rede sein: „Herr Rompf vertritt absolut unser soziales Programm.“ Gerade in der Politik für „sozial Schwächere“ habe man schon im Wahlkampf viele Gemeinsamkeiten entdeckt.

Zudem habe Rompf nach 13 Jahren bei den Reps sein Parteibuch zurückgegeben. „Er hat sich von der rechten Szene total verabschiedet. Er ist mit einer ukrainisch-deutschen Frau verheiratet. Der kann doch gar nicht ausländerfeindlich sein“, sagt Tegel. Weil sich die Fraktion nicht mehr WASG nennen darf, haben sich die drei etwas Neues ausgedacht: „Freie Fraktion für soziale Gerechtigkeit Lahn-Dill“ (FFSG).

Glaubt man Tegel, dann hatte auch der WASG-Kreisvorsitzende Rainer Kuntzsch die Fraktion mit dem abtrünnigen Rep zunächst nicht nur als „interessante Option“ bewertet, sondern auch unterstützt. Erst auf Druck der Landesspitze habe der Kreisvorstand diesen Kurs verlassen. WASG-Sprecher Schaus bestreitet dies.

Fest steht, dass der WASG im Kreis nun die Mitglieder davonlaufen. Laut Tegel haben 34 der 75 Aktiven die Wahlalternative verlassen. Allerdings nicht aus Empörung über den Pakt mit dem „Republikaner“, sondern aus Solidarität, so der Ex-WASGler.

Im Kreistag schütteln die Kollegen über das Projekt der neuen Ex-WASGler mit dem altgedienten Rep-Kader den Kopf. Angesichts des Niedergangs der „Republikaner“ habe Rompf eine neue politische Heimat gesucht und auch bei der SPD angeklopft, berichtet deren Fraktionschef Armin Bangert. Vergeblich. Inzwischen zweifle selbst Rompf wieder am Sinn des Koprojekts, sagt Bangert. Aber die Parlamentsneulinge der WASG seien „politisch ziemlich unbedarft“.