BND: Opposition arbeitet – Merkel feiert

FDP, Grüne und Linke erzielen im Geheimdienst-Ausschuss kleine Erfolge. Kanzlerin gratuliert BND zum Geburtstag

BERLIN taz ■ Der Geheimdienst-Untersuchungsausschuss hat sich in seiner ersten, nicht öffentlichen Sitzung gestern auf Verfahrensfragen geeinigt. Die drei Vertreter der Oppositionsparteien zeigten sich sehr zufrieden mit den Beschlüssen zur Arbeitsweise des Ausschusses. FDP-Obmann Max Stadler würdigte gegenüber der taz die „kollegiale und faire Atmosphäre“. Wolfgang Neskovic (Linksfraktion) interpretierte die Verfahrensfragen als „Regeln des wechselseitigen Umgangs“, die für den Fortgang der Arbeit „bedeutsam“ seien. „Die Opposition hat sich in den strittigen Punkten zu 100 Prozent durchgesetzt“, sagte Neskovic zur taz.

Drei Aspekte waren für FDP, Linkspartei und Grüne wichtig. Erstens erhalten ihre Obleute nicht, wie ursprünglich angekündigt, nur eine Kopie, sondern zwei Kopien von im Ausschuss behandelten Geheimdokumenten. Zweitens darf aus nicht öffentlichen Sitzungen nicht nur der Ausschussvorsitzende Siegfried Kauder (CDU) den Medien berichten, sondern auch die Oppositionsvertreter dürfen dies tun. Die Geheimhaltungspflicht, der dabei alle unterliegen, wurde weniger restriktiv ausgelegt als von der großen Koalition gefordert. Und drittens wurde die Reihenfolge bei Zeugenbefragungen zugunsten der Opposition geändert.

Zunächst fragt jetzt der Vorsitzende, dann der FDP-Obmann, ihm folgen die Vertreter von SPD, Linkspartei und Grünen. Das mögen für die Öffentlichkeit unwichtige Details sein, für die ohnehin nicht berauschenden Aufklärungsmöglichkeiten der Opposition hingegen sind sie von Belang.

Einig waren sich die elf Ausschussmitglieder, dass sie sich zunächst dem Aktenstudium widmen und erst dann Zeugen hören wollen, Letzteres vermutlich ab Ende Juni. Die ganze Arbeit werde sicherlich bis Ende des Jahres dauern, sagte der Ausschussvorsitzende Kauder. Der grüne Obmann Christian Ströbele kritisierte gleich am ersten Tag das Tempo der Aufklärung: „Wir hätten uns heute schon mit Sachfragen befassen sollen, statt nur Formfragen zu beschließen.“

Formfragen waren an diesem ersten Tag des Untersuchungsausschusses auch der Kanzlerin ein Anliegen. Sie zeigte demonstrativ, was ihr wichtig ist: ein arbeitsfähiger Auslandsgeheimdienst. Also schmückte sie den Festakt zum 50. BND-Geburtstag im Deutschen Historischen Museum in Berlin mit ihrer Anwesenheit.

Merkel lobte die Arbeit des BND. Die Kanzlerin, die sich aus dem Streit um den BND-Skandal bislang herausgehalten hatte, bezeichnete den U-Ausschuss als „ureigenes Recht der Opposition“. Doch die Notwendigkeit von Geheimaufklärung dürfe dabei in keiner Weise in Frage gestellt werden. „Wir brauchen Nachrichtendienste.“

Zur Begründung deutete Merkel an, dass der BND aktuell im Iran aktiv ist: Die Bemühungen, das Regime in Teheran von einer Atombewaffnung abzubringen, seien „ohne die Informationen und ohne die Expertise des BND nur sehr schwer vorstellbar“, erklärte sie. Der Informationsaustausch mit den USA sei auch in Zukunft „nicht nur wichtig, sondern notwendig“. Ob es und wenn ja, welche Grenzen es für die Arbeit der Spione gebe, thematisierte Merkel nicht. Hauptsache, der BND leiste auch in den nächsten 50 Jahren treue Dienste „zum Wohle unseres Landes in Frieden und Freiheit“. Amen?

Was die Agenten von Aufklärung halten, durfte ihr ehemaliger Chef Klaus Kinkel, früher FDP-Außenminister, heute nichts mehr, aussprechen. Der BND-Ausschuss? „Unverhältnismäßig“, sagte Kinkel. „Nicht gerechtfertigt.“ Es sei bereits alles aufgeklärt. Also doch Amen.

JENS KÖNIG, LUKAS WALLRAFF