Big Business beherrscht Brüssel

LOBBY Großkonzerne dominieren laut Studie EU-Expertengruppen zu Steuern und Vorratsdaten

BRÜSSEL taz | Die EU-Kommission vertraut bei der Vorbereitung von Gesetzen zu stark auf die Banken- und Industrielobby. Zu diesem Schluss kommt das NGO-Bündnis „Alter-EU“ in einer Studie. Vor allem die die Kommission beratenden Expertenrunden zu Steuerpolitik, Wirtschaft und Industrie werden vom Big Business beherrscht, kritisieren die Lobbywächter.

Die Studie straft nicht nur den britischen Premier David Cameron Lügen, der dauernd die angebliche Wirtschaftsfeindlichkeit der EU beklagt. Sie zeigt auch, dass die auf Druck des Europaparlaments eingeleitete Reform der Lobbygruppen gescheitert ist. In den 38 Expertengruppen, die die Kommission seit September 2012 einberufen hat, tummeln sich laut Alter-EU mehr Vertreter der Großindustrie, als Mittelstand, Gewerkschaften, Verbraucherschützer und alle übrigen Interessengruppen zusammen stellen. Besonders groß sei das Ungleichgewicht offenbar in der Generaldirektion Steuern. Dort kommen die externen Berater zu 79 Prozent aus Konzernen und angelsächsischen Wirtschaftsprüfungsfirmen wie Deloitte oder PwC. Kleine und mittelständische Unternehmen sowie die Wissenschaft kommen lediglich auf je 3 Prozent, Gewerkschaften nur auf 1 Prozent.

Eklatant ist die Dominanz der Industrielobbyisten auch beim Datenschutz. Bei der Expertengruppe zur Vorratsdatenspeicherung kommen alle sieben externen Berater von großen Telekomkonzernen wie Vodafone, fanden die Alter-EU-Experten heraus. Doch die Experten verschweigen ihre wahren Auftraggeber, und die EU-Kommission „zensiert die Debatte“, heißt es in dem Bericht. ERIC BONSE