Doktoren streiken, Patienten warten

Der Doppel-Ausstand von Ärzten und Pflegern trifft ab Montag die Universitätskliniken in Göttingen und Hannover. Auch Behandlungen von Krebspatienten oder Kindern müssen warten. Kliniken in Hamburg, Kiel und Lübeck streikfrei

„Es geht in den Grenzbereich der Ethik“, sagt Wolfgang Boss, Geschäftsführer des niedersächsischen Landesverbands des Marburger Bunds in Hannover. Der Ärztestreik in der kommenden Woche dürfte die Uni-Kliniken in Göttingen und Hannover schwer treffen – vor allem deren Patienten. Auch Behandlungen von Krebs oder nicht unmittelbar notwendige Eingriffe bei Kindern dürften verschoben werden, meint Boss.

Bislang hätten sich an den einzelnen Ausständen und Demonstrationen jeweils etwa 300 der insgesamt knapp 2.000 Ärzte aus den Universitätskliniken beteiligt, nur noch Not-OPs seien dann durchgeführt worden. „Dabei war das nur ein ‚Streik light‘“, sagt Boss.

Trotz des Streiks, den der Marburger Bund für insgesamt 35 Uni-Kliniken in Deutschland ausgerufen hat, gilt eine Notdienstvereinbarung. „Wenn zusätzlich zu den ver.di-Ausständen auch noch die Ärzte streiken, wird es hier dennoch sehr, sehr kritisch“, sagt der Sprecher der Medizinischen Hochschule Hannover, Stefan Zorn. An der Hochschule, die jährlich rund 45.000 Patienten ambulant behandelt, arbeiten rund 1.100 Ärzte. Allein durch den Ausstand der Pflegekräfte des öffentlichen Dienstes sind laut Zorn seit Februar etwa 600 Operationen ausgefallen. Die dadurch entstandenen Verluste bewegen sich bereits im Millionen-Bereich. Wenn nun die Ärzte dazu stoßen, ist die Grundversorgung noch stärker gefährdet. Das Präsidium der Klinik drängt bereits darauf, „möglichst schnell“ zu einer Einigung zu kommen. Zorn: „Die Patienten müssen die Suppe auslöffeln.“

Im Göttinger Uni-Klinikum werden laut Sprecher Stefan Weller ab Montag vermutlich 200 bis 300 im Marburger Bund organisierte Ärzte streiken, vor allem Assistenzärzte. Betroffen ist besonders der OP-Bereich. Neue Patienten könnten kaum aufgenommen werden, sagt Weller. Auch die in ver.di organisierten Pfleger und Hilfskräfte haben nämlich für Mittwoch, Donnerstag und Freitag „Arbeitskampfmaßnahmen“ angekündigt. Am Klinikum Göttingen haben die Streiks bereits sechs Millionen Euro gekostet, täglich kommen 300.000 Euro hinzu.

Immerhin haben die Patienten im Norden Ausweichmöglichkeiten. Die Ärzte in den Uni-Kliniken in Hamburg, Kiel und Lübeck streiken offenbar nicht. Die dortigen Klinken haben Einzelvereinbarungen mit den Mitarbeitern getroffen.

Kai Schöneberg

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