Ackern allein macht nicht reich

LANDWIRTSCHAFT Der Agrarberater der Bundesregierung fordert ein Ende der pauschalen Subventionen für Bauern. Die Größe des Ackers soll dafür nicht mehr entscheidend sein

Die Grünen verlangen, den Ökolandbau zum Leitbild der Landwirtschaft zu erklären

AUS BERLIN JOST MAURIN

Dass die Agrarsubventionen völlig neu verteilt werden müssen, scheint inzwischen fast allen Experten klar zu sein – außer Bauernverbandspräsident Gerd Sonnleitner und seinen Vasallen. Das zeigte sich bei einer Anhörung des Bundestagsausschusses für Landwirtschaft am Montagnachmittag in Berlin. Sowohl der Chefberater des Agrarministeriums, Folkhard Isermeyer, als auch Umweltschützer erklärten: Künftig solle die EU den Bauern kein Geld mehr geben, nur weil sie Land bewirtschaften.

Bisher verteilt die Europäische Union mehr als zwei Drittel der pro Jahr 59 Milliarden Euro Agrarsubventionen nach der Größe der Fläche: In Deutschland erhalten die Landwirte im Schnitt etwa 340 Euro pro Hektar an Direktzahlungen. So fließen laut Umweltschützern 80 Prozent aller Zuschüsse an nur 30 Prozent der Betriebe. 2014 könnte sich das ändern, denn dann laufen die aktuellen Regeln aus.

Sonnleitner will das verhindern, denn die Direktzahlungen machen dem Verbandschef zufolge das Einkommen der Bauern zu 69 Prozent aus. Sie bräuchten die Subventionen, um die im internationalen Vergleich höheren Umwelt- und Tierschutzstandards auszugleichen, „die uns die Politik aufgedrückt hat“. Agrarökonom Isermeyer dagegen sagt: „Die Direktzahlungen könnten schrittweise abgebaut werden, ohne dass unsere Landwirtschaft zusammenbricht.“ Denn wenn die Bauern weniger Geld vom Staat bekämen, würden ihre Kosten sinken. Schließlich müssten die Grundeigentümer die Pachtzinsen für die Äcker und Weiden reduzieren.

Die EU-Landwirte verlieren laut Isermeyer wegen strengerer Gesetze etwa im Ackerbau in der Regel weniger als 50 Euro pro Hektar – das sind nur 15 Prozent der Direktzahlungen. Der Rest ließe sich legitimieren, wenn die Subventionen dazu beitragen würden, weniger Treibhausgase auszustoßen, den Verlust der Artenvielfalt zu stoppen oder die Landflucht zu mindern. Doch auch dafür, so der Wissenschaftler, „sind Direktzahlungen eigentlich das falsche Instrument“. Denn sie bekommt der Bauer, egal, wie klimaschädlich er arbeitet, wie viel Platz er der Natur einräumt und wie viele Arbeitsplätze er im Dorf bietet. Stattdessen fordert Isermeyer, die Direktzahlungen bis 2020 schrittweise abzubauen und mit dem Geld zum Beispiel Klimaschutzprogramme zu finanzieren.

Das Gießkannenprinzip der Subventionsverteilung lehnen auch die Grünen ab, deren Bundestagsfraktion am Dienstag Leitlinien für die Agrarreform beschlossen hat. Demnach soll der Staat den Bauern nur noch Geld für gesellschaftlich gewünschte Leistungen wie Umweltschutz oder Arbeitsplätze zahlen. Anders als Isermeyer spricht sich die Fraktion gegen „Agrarfabriken“ aus, die ohne Rücksicht etwa auf den Tierschutz Billigware produzieren. „Wir wollen den Anteil des Ökolandbaus als nachhaltigste Anbauform weiter ausbauen“, heißt es in dem Grünen-Papier. Bio solle „Leitbild für die Ökologisierung der gesamten Landwirtschaft sein“.