Eltern sollen wählen dürfen

TURBO-ABITUR Volksinitiative „G9-HH-Jetzt“ sammelt seit Mai Unterschriften gegen die auf acht Jahre verkürzte Gymnasialschulzeit. Nötig sind 10.000 Unterzeichner. Am Montag ist Übergabe im Rathaus

Hamburgs Schulsenator Ties Rabe will eine Lösung, der alle Parteien zustimmen

Die im Frühjahr mit Leidenschaft geführte Debatte um das Turbo-Abitur ist wieder verstummt. Doch die Ruhe könnte trügerisch sein: Am Montagmittag wird die Volksinitiative „G9-HH-Jetzt“ ihre Unterschriften im Rathaus übergeben. Nötig für die erste Hürde des Volksgesetzgebungsverfahrens sind 10.000 Unterzeichner. Kommen diese zusammen, muss die Bürgerschaft mit der Elterninitiative über eine Lösung verhandeln.

„Wir wollen die Wahlfreiheit“, sagt Sprecherin Mareile Kirsch. Eltern sollen entscheiden dürfen, ob ihr Kind am Gymnasium nach acht (G 8) oder neun (G 9) Jahren das Abitur macht. Auch sollen Schüler, die jetzt schon im G 8 sind, sich ein 13. Schuljahr gönnen dürfen.

Das 13. Schuljahr ist an Hamburger Gymnasien seit 2010 abgeschafft. Doch es gibt eine Alternative: Eltern, die für ihr Kind mehr Lernzeit wünschen, können es an einer der Stadtteilschulen anmelden.

Das sei im Prinzip ein gutes System, findet Schulsenator Ties Rabe (SPD). Er will nicht zum G 9-Abitur zurück und sucht nach Wegen, das G 8-Abitur zu optimieren. Damit hat er in Politik- und Fachkreisen breite Unterstützung. Doch die Stimmung in der Bevölkerung ist schwer einzuschätzen. Noch gut in Erinnerung ist die Volksinitiative gegen die Primarschule: 2008 sammelten die Eltern im ersten Durchgang 21.000 Unterschriften – 10.000 wären nötig gewesen. Für das „Volksbegehren“ im Jahr 2009 kamen 185.000 Stimmen zusammen (bei einem Quorum von 62.000). 2010 wurde der Entscheid gewonnen, die Primarschule war vom Tisch.

„G9-HH-Jetzt“-Sprecherin Kirsch verrät noch keine Zahlen. „Ob wir die 10.000 erreicht haben, können wir noch nicht sagen. Die Zählung erfolgt erst am Wochenende“, sagt sie. Sollte diese Hürde geschafft sein, wird es erst mal Verhandlungen mit der SPD-Fraktion im Beisein des Senators geben. Ein erstes Kennenlerngespräch führte Rabe bereits am Dienstag. Und wenn es eine Änderung gibt, so Rabes Sprecher Peter Albrecht, solle dies im Einklang mit den anderen Parteien passieren. „Weil wir immer noch im Schulfrieden sind.“

Doch wie diese Lösung aussehen wird, weiß noch keiner. Kirsch findet die sogenannten Y-Modelle in Schleswig-Holstein gut: Dort kommen die G 8-Schüler nach der neunten und die G 9-Schüler nach der zehnten Klasse in die gemeinsame Oberstufe. Die Grünen-Politikerin Stefanie von Berg hatte im Sommer vorgeschlagen, in jedem Bezirk ein G 9-Gymnasium anzubieten. Albrecht sagt, die Schulbehörde halte das für „zu kompliziert“.

KAIJA KUTTER