DAS ENTSCHEIDENDE DETAIL
: Der Maut-Ausländer

Die CSU will eine Vignette für ausländische Autofahrer, wird gesagt. Aber der Maut-Ausländer kann auch ein Deutscher sein

Bildungspolitiker, unter anderem für massenhaftes Matheversagen in Westdeutschland verantwortlich, machen gern viele Worte, um von den wenigen Taten abzulenken. Manchmal aber ist einer ihrer Begriffe, aus mehreren Wörtern gebildet, tatsächlich präzise: Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache (NDH) beispielsweise. Damit zeigen Bildungspolitiker, dass die staatsbürgerrechtlichen Begriffe Ausländer und Deutscher für ihren Bereich nicht taugen. So ähnlich ist es auch bei der Maut.

In der Schule ist es offensichtlich: Wer Eltern mit einem deutschen Pass hat, spricht nicht automatisch Deutsch als Muttersprache – was wiederum bei vielen Schweizern oder Österreichern anzunehmen ist, die keinen deutschen Pass besitzen. Wer sich die Mautpläne im Detail anschaut, findet Parallelen. Die Idee der CSU, freilich mit nationalistischem Unterton präsentiert, sieht so aus: Halter von Fahrzeugen, die nicht in Deutschland zugelassen sind, sollen für die Benutzung deutscher Autobahnen zur Kasse gebeten werden. Auch Halter von in Deutschland zugelassenen Autos sollen eine Vignette kaufen, können aber mit einer Kompensation durch die Senkung ihrer Kraftfahrzeugsteuer rechnen.

Das bedeutet: Nicht die Nationalität eines Kfz-Halters ist entscheidend, sondern der Wohnsitz, an dem er sein Fahrzeug anmeldet. Ein Nichtdeutscher, der in der Bundesrepublik lebt und hier ein Auto zulässt, würde genauso von den CSU-Plänen profitieren wie andere deutsche Autofahrer auch. Ein Deutscher aber, der in der Schweiz wohnt und dort sein Auto angemeldet hat, müsste die „Ausländermaut“ bezahlen, sobald er auf der Autobahn über die Grenze fährt. Ob es künftig wirklich dazu kommt, ist aber unklar. Am Freitag erzielten die Vertreter von CDU, SPD und CSU bei ihren Koalitionsverhandlungen in Berlin noch keine Einigung zum Thema Maut. RICHARD ROTHER