„Geld ist ein zentrales Thema“
PODIUM Beim Aktionstag gegen Überschuldung diskutieren Experten über finanzielle Aufklärung
taz: Herr Jender, sitzen Sie als der Buhmann auf dem Podium?
Stefan Jender: Nein. Das könnte auch nur aufgrund einer fundamental falschen Auffassung von meiner Branche passieren: Die Aufgabe von Inkasso-Unternehmen ist ja eher die einer Mediation. Wir vermitteln zwischen Gläubigern und Schuldnern, wenn die – oft unverschuldet – Schwierigkeiten haben, ihren Verpflichtungen nachzukommen: Die Lösung soll eben den Gang vor den Kadi ersparen.
Die Diskussion findet statt im Rahmen eines Aktionstags gegen die Überschuldung Jugendlicher. Deren Risiko sich zu verschulden ist stark gestiegen…
Bei Heranwachsenden ja. Aber wenn Sie über Jugendliche bis 18 Jahre sprechen eigentlich nicht. Die dürfen ohne Einwilligung ihrer Eltern keine Verträge abschließen. Da liegt das Risiko bei Null – wenn die Eltern vernünftig sind. Das größere Problem besteht darin, dass viele Kinder in überschuldeten Elternhäusern aufwachsen. Die erleben das als normal, lernen nicht, mit Geld umzugehen – und haben deshalb oft schon am Anfang ihres Lebenswegs große finanzielle Belastungen zu tragen. Das finde ich nicht fair.
Das heißt, sie müssten aufgeklärt werden?
Das wird auch versucht durch unseren Berufsverband. In verschiedenen Bundesländern hat es schon entsprechende Kampagnen gegeben.
Reicht das?
Nein. Aus meiner Sicht gehört das dauerhaft in die Schulen. Ich weiß, die haben ein großes Pensum. Trotzdem gehört für mich eine finanzielle Aufklärung genauso auf den Lehrplan, wie Sexualkundeunterricht. Geld ist ein so zentrales Thema unserer Gesellschaft, dass jeder wenigstens die Chance haben muss, den Umgang damit zu lernen.
INTERVIEW: BES
Podiumsdiskussion 14-16 Uhr, Villa Verde im Weserstadion. Der Aktionstag „Jugend kalkuliert“ von Straffälligenhilfe und Europaschule beginnt um 9 Uhr mit einem Kauf-Lauf an der Weser
