Noch kein klares Konzept für den Kongo

Viele offene Streitpunkte vor dem Kabinettsbeschluss über das Mandat der geplanten Bundeswehrtruppe im Kongo. UNO mahnt: Nothilfe im Kongo drastisch unterfinanziert – vor allem von den Truppenentsendern Deutschland und Frankreich

AUS BERLIN DOMINIC JOHNSON

Kurz vor der für Mittwoch erwarteten Entscheidung des Bundeskabinetts über den Einsatz der Bundeswehr im Kongo mehren sich die Unklarheiten. Weder Finanzierung noch Zusammensetzung und Ausrüstung der Truppe scheinen gesichert, während um die geografische Begrenzung des Mandats und sogar die Anzahl der Soldaten gestritten wird. Wie es heißt, verhinderten diese Blockaden, dass bis Ende letzter Woche ein beschlussfähiger Entwurf fertig wurde.

Für Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) ist die Sache klar: Maximal 500 Soldaten der Bundeswehr kommen in Kongos Hauptstadt Kinshasa. Insgesamt soll die EU-Eingreiftruppe 1.500 Soldaten umfassen und von Ende Juli an für vier Monate im Land bleiben. Sie soll die kongolesischen Wahlen am 31. Juli und die anschließende Regierungsbildung absichern.

Politiker unterschiedlicher Parteien mahnen jedoch, die Beschränkung auf Kinshasa sei Unsinn. Dann könne nicht einmal der designierte deutsche Oberkommandierende der Mission, General Karlheinz Viereck, die Hauptstadt verlassen – geschweige denn deutsche Techniker und Logistiker.

Die bestehenden UN- und EU-Beschlüsse für den EU-Einsatz enthalten keine geografische Beschränkung. Bei einer deutschen Selbstbeschränkung auf Kinshasa bliebe der Rest des Kongo den Franzosen überlassen, die ein weiteres Drittel der Truppe sowie die Führung vor Ort stellen sollen. Anders als Deutschland gilt Frankreich im Kongo nicht als neutral, sondern als Freund Präsident Joseph Kabilas.

Noch immer steht außerdem die Zusammensetzung der Truppe insgesamt nicht fest. Eine EU-Truppenstellerkonferenz am 3. Mai in Potsdam endete ergebnislos. Berichten aus Brüssel zufolge gibt es zwar schon Zusagen für 1.600 Soldaten, aber noch zu wenige Sanitäter, Transportflugzeuge und Hubschrauber. Heute sollen die EU-Verteidigungsminister weiter beraten. Einigen sie sich nicht, muss die Bundesregierung ihre Beschlussfassung eventuell verschieben. Streit gibt es außerdem darüber, ob die 500 Soldaten der Bundeswehr das gesamte Kontingent darstellen oder lediglich die aktiven Einsatzkräfte, zu denen dann zusätzlich bis zu 900 Mann in Unterstützungseinheiten kommen.

Wegen der Unklarheiten schießen die Spekulationen über die Kosten des Einsatzes ins Kraut. Die EU hatte Ende April ein Budget von 16,7 Millionen Dollar festgelegt. Bundesverteidigungsminister Jung sprach am Donnerstag letzter Woche von mindestens 50 Millionen Euro für den Bundeswehreinsatz. Der SPD-Abgeordnete Johannes Kahrs befürchtete am Wochenende 80 bis 100 Millionen Euro.

Unter der Fixierung auf Militär leidet unterdessen die humanitäre Hilfe für Kongos notleidende Bevölkerung. Sie lebt zu vier Fünfteln in absoluter Armut, ohne zureichende Nahrungs- und Gesundheitsversorgung. Der geltende UN-Aktionsplan für den Kongo umfasst zwar 682 Millionen Dollar. Doch kritisierte die humanitäre Abteilung der UNO am Wochenende, davon seien erst 13 Prozent finanziert. Nach UN-Angaben hat Deutschland dieses Jahr 2,2 Millionen US-Dollar für UN-Nothilfe im Kongo gespendet, Frankreich liegt mit 0,6 Millionen Dollar sogar hinter Luxemburg. Aus Großbritannien kamen dagegen fast 28 Millionen Dollar.