Kundeninformation ungenügend

Unerwartete Kritik: CDU-Expertengremium will neues Verbrauchergesetz stoppen

BERLIN taz ■ Der Kunde bleibt der Dumme, obwohl die Regierungsfraktionen von CDU und SPD das Gegenteil versprochen hatten: Sie wollten die Käufer klüger machen – mit dem so genannten Verbraucherinformationsgesetz, das sie letzte Woche in den Bundestag eingebracht haben. Das Gesetz hat seinen Namen nicht verdient, urteilt nun die Verbraucherkommission Baden-Württemberg. In der Union muss es jetzt also eigentlich einen Streit geben.

Bislang hat man von dem Expertengremium noch nicht viel gehört. Der Stuttgarter Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) hatte die 14 Mitglieder erst im Dezember 2005 berufen, als in vielen Läden altes Fleisch in frischer Verpackung auftauchte – und in Baden-Württemberg Wahlkampf war. Oettinger suchte Rat, um „die Konsumkompetenz der Verbraucher zu stärken“. Nun hat er ein Problem.

Entweder düpiert er die Berliner Parteikollegen. Oder er ignoriert das Urteil seiner Kommission. Denn: Die Unionsfraktion im Bundestag wirbt, das Verbraucherinformationsgesetz sei ein „Meilenstein“. Oettingers Berater hingegen finden, es „greift zu kurz“. Ihr Urteil wundert allerdings nicht. Die Liste der Landesberater liest sich wie das „Who’s who“ des Verbraucherschutzes. So ist der Chefredakteur von Ökotest, Jürgen Stellpflug, dabei oder Tobias Brönneke, heute Professor an der Fachhochschule Pforzheim, einst Justiziar der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände. Noch kein Konsumentenschützer hat das neue Gesetz gelobt.

Das Regelwerk soll im Prinzip dafür sorgen, dass sich Bürger informieren können, welche Hersteller pfuschen. Der Entwurf geht auf CSU-Bundesverbraucherminister Horst Seehofer zurück. Er findet, dass das neue Gesetz hilft, „schwarze Schafe“ unter den Unternehmern an den Pranger zu stellen. „Stimmt nur begrenzt“, erklärt hingegen Oettinger-Berater Brönneke. Wer wissende Kunden und seriöse Geschäftemacher wolle, müsse das Gesetz anders formulieren. Die Kommission fordert nun Dreierlei. Erstens solle der „Geltungsbereich auf alle Produkte und Dienstleistungen erweitert werden“. Bisher erfasst das Gesetz allein Lebensmittelpanscher; insolvente Kreditunternehmen oder manipulierte Tankfüllungen fliegen nicht auf. Zweitens, so raten die Experten, müsse das „Geschäftsgeheimnis definiert werden“. Bliebe es bei Seehofers Formulierungen, könnten alle Anfragen abgewiesen werden. Die Behörden müssen nur darauf verweisen, dass es sich um wettbewerbsrechtliche Informationen handelt. Drittens müssten auch Firmen zur Auskunft verpflichtet werden – „zumindest gegenüber Verbraucherorganisationen und Journalisten“. Derzeit brauchen Unternehmer nichts zu verraten.

Oettinger wollte sich gestern nicht offiziell positionieren. Seehofer soll sich die Zustimmung der Landesminister jedoch längst gesichert haben. Das Verfahren ist „so gut wie abgeschlossen“, glaubt selbst Berater Brönneke. Die Deutschen sollen viel kaufen, aber nicht viel wissen. HANNA GERSMANN