NICHT SO SUPER
: Danke, BVG

„Hab ick ihr ’n Ratjeber jekooft, ma kieken, ob dit hilft“

Im Supermarkt, obgleich nichts super daran ist, stehe ich an der Kasse an. Nachdem der Mann alle Waren über den Scanner gehalten hat, mir den Betrag nannte, ich die Karte in den Apparat steckte, fragte er: „Sammeln Sie Herzchenpunkte?“ Die Gleichaltrige, die vor mir war und gerade die Butter einsteckt, wendet sich zu mir und sagt: „Herzchenpunkte, junger Mann?“ – „Brauch ich nicht“, sage ich. „Ist doch gut“, sagt sie, „die habe ich auch im Herzen!“ – „Der war gut!“, sagt der Kassierer und zwinkert der Frau zu, die nun ihren Wanderrucksack, mit dem man sicherlich bei einer Achttausenderbesteigung bis zum Basislager gelangen könnte, zuschnürt.

Mit der Wasserflasche in der Hand stelle ich mich an die Bushaltestelle neben eine Frau, die etwas unruhig wirkt. „Na?“, sagt sie. „Na?“, sage ich. Dann trinke ich einen Schluck, und sie geht ein paar Schritte zu dem Fahrplan. Als sie wieder zurück ist, sagt sie „Fünf Minuten!“ – „Ist doch überschaubar“, sage ich. Ich hätte auch absehbar sagen können. Blech, was man redet, wenn man nichts reden will. „Meene Tochter, Mann, Mann, die hat ’n Freund, eenen Tach isse glücklich uff Erden, nächsten heulte se wie ’ne …, ach ejal, fällt mir jetzt nüscht ein. Hab ick ihr ’n Ratjeber jekooft, ma kieken, ob dit hilft. Dit is rein chemisch, wissen Se, und denne is Schluss. Wenn’s nich jeht, jeht’s nich, is doch janz einfach, oda?“

Ich nicke. Die Frau sieht mich abwartend an. Ich nicke noch mal. Ich werde dazu nichts sagen, das hat sie nun verstanden. Es beginnt zu regnen. Sie holt aus ihrer Handtasche einen durchsichtigen Plastikschutz, den sie sich mützengleich auf den Kopf setzt. Sie geht wieder zu dem Fahrplan und kommt zurück. „Zwei Minuten“, sagt sie. Ich nicke. „Morgen wird die Zeit zurückjedreht, wa?“ Ich sage: „Ja.“ Zum Glück kommt der Bus in der Geschichte der Berliner Verkehrsbetriebe das erste Mal zu früh.

BJÖRN KUHLIGK