Schüler für Goetsch-Reform

PRIMARSCHULE Jugendbündnis ruft am 3. Juni zur Demonstration während der Schulzeit auf. Dazu haben sie 15.000 Plakate und 5.000 T-Shirts bedruckt

Zwei Monate vor dem Volksentscheid legen auch die Erwachsenen los:

■ Die Reformbefürworter „Chancen für alle“ beginnen heute, 13 Uhr, Spritzenplatz, ihre „Stadt- und Straßenkampagne“. Mit dabei: Corny Littmann, neuerdings Ex-Präsident des FC St. Pauli. Am Dienstag eröffnen sie ein Büro in der Wendenstraße 1a.

■ Die Reformgegner von „Wir wollen lernen“ haben ihr Kampagnenbüro wieder in der Lilienstraße 15 und soeben eine Broschüre zum Entscheid im Internet veröffentlicht.

Trotz Ferien war der Hof der Barmbeker Schule Lämmersieth gestern belebt. Junge Schüler probten einen Tanz in rosa Pappwürfeln, den sie am 3. Juni auf einer Demo für die Schulreform vorführen wollen. Ältere beklebten Stellwände mit Plakaten, von denen 3.000 Stück in den nächsten Tagen an Hamburgs Straßen stehen sollen. Im Gebäude verpackten Schüler T-Shirts und Infomaterial, die Schülerräte übers Internet bestellen können.

Es handelt sich um den Kampagnenauftakt eines Jugendaktionsbündnisses zur Schulreform. Grüne-Jugend, Linksjugend, Jungssozialisten, DGB-Jugend und die SchülerInnenkammer Hamburg haben sich zusammengetan, um Werbung für die geplante Schulreform zu machen. Höhepunkt soll die Demonstration am 3. Juni in der Innenstadt sein, die während der Schulzeit stattfinden soll. Die Schüler nennen es nicht Streik. „Laut Gesetz können Schulsprecher Vollversammlungen einberufen“, sagt Kammer-Sprecher Frederic Rupprecht. „Es steht dort nicht, an welchem Ort dies stattfinden muss.“

Die Idee zu der Demo sei Ende März auf einer Tagung von 174 Schulsprechern geboren worden. Seither waren die Schüler fleißig. In Eigenregie, ohne Hilfe einer Werbeagentur, wurden Fotos von Mitschülern gemacht, die auf sechs verschiedenen Plakatmotiven „gute Gründe“ für die Schulreform nennen. „6 Jahre gemeinsam lernen“ etwa, „Kein Sitzenbleiben mehr“ oder „Jede Schule führt zum Abitur“ steht über Fotos von jungen Menschen, die in die Kamera lachen. Ein gesonderter Aufruf der DGB-Jugend richtet sich an Berufsschüler. „Sie haben besondere Vorteile. Mit der Schulreform werden die beruflichen Warteschleifen abgeschafft“, erklärt Patrick Fronczek, der das Bündnis koordiniert. Schulabgängern, die keine Lehrstelle finden, soll künftig eine schulische Ausbildung garantiert werden. Außerdem können Lehrlinge nebenher das Fachabitur erwerben.

Mit politischen Aktionen bewegen sich die Schüler fast immer in rechtlichen Grauzonen. So hat das Bündnis aus Gründen der Transparenz unter die Plakate die Logos der politischen Organisationen gedruckt. Doch damit handelt es sich nach Einschätzung von Behördenjuristen um politische Werbung, die in Schulen nicht erlaubt ist. „Wir haben die SchülerInnenkammer auf die Rechtslage aufmerksam gemacht“, sagt Behördensprecherin Brigitte Köhnlein. Andererseits sollten Schüler, die ihre demokratischen Rechte ausüben, auch nicht eingeschüchtert werden. KAIJA KUTTER