Arbeitsgruppe Bildung übt sich in Fesselspielen

KOALITION I Einigung scheitert am Streitfall neue Ganztagsschulen. Große Runde soll entscheiden

Man knebelt sich mit Forderungen, die der Koalitionspartner nicht erfüllen kann

BERLIN taz | Für eine Geisel sah die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Forschung, Johanna Wanka, eigentlich noch ganz frisch aus. Als die CDU-Politikerin am Montag das vorläufige Scheitern der Koalitionsverhandlungen in der Arbeitsgruppe Bildung bekannt gab, beklagte sie dennoch, die SPD nehme den gesamten Wissenschaftsbereich in Geiselhaft.

Das Geiseldrama begann in der vergangenen Woche, als sich die drei Parteien in der Arbeitsgruppe Bildung zusammensetzten, um über die künftige Schul- und Hochschulpolitik der Großen Koalition zu diskutieren. Die Krux: Auch die neue Bundesregierung müsste sich da eigentlich raushalten. Als 2006 das Grundgesetz im Zuge der Föderalismusreform geändert wurde, verzichteten die Bundesländer nämlich auf Mitspracherechte bei der Gesetzgebung und erhielten dafür das Monopol auf die Bildungspolitik.

Diesen Kuhhandel könnte eine Große Koalition wieder rückgängig machen. Die nötige Zweidrittelmehrheit für eine erneute Grundgesetzänderung bekämen Union und SPD im Bundestag locker zusammen. Im Bundesrat müssten dann die Länder ebenfalls mit Zweidrittelmehrheit zustimmen.

Doch sind sich Union und SPD uneins, wie breit der grundgesetzliche Zugang für den Bund sein soll. Wanka schlug vor, den Grundgesetzartikel 91 b zu erweitern, so dass Bund und Länder „in Fällen überregionaler Bedeutung bei der Förderung von Forschung und Lehre zusammenwirken könnten“.

Die SPD will die Tür für den Bund weiter aufreißen und möchte ein 8 Milliarden Euro teures Programm für neue Ganztagsschulen auflegen. Das geht der Union zu weit. Wanka erklärte an diesem Montag, ein Bundesprogramm für Ganztagsschulen wolle man nicht – nachdem sie in der letzten Woche noch bekräftigt hatte, man sei sich in puncto Ganztagsschulen mit der SPD einig.

Auch die CSU findet Ganztagsschulen klasse – innerhalb der eigenen Landesgrenzen. „Was ist der inhaltliche Mehrwert, wenn wir bayerisches durch Bundesgeld ersetzen? Null!“, sagte CSU-Vertreter Albert Rupprecht.

Man knebelt sich also gegenseitig mit Forderungen, die der Partner nicht erfüllen kann. Die Ganztagsschulen werden nun zusammen mit dem Kooperationsverbot und der Hochschulfinanzierung in die große Verhandlungsrunde am Mittwoch überwiesen.

Einen Trumpf hat die SPD: Die Mitglieder sollen am Ende über das Koalitionspaket entscheiden. Ralf Stegner, SPD-Mitglied der Arbeitsgruppe, hob hervor, dass diesen Ganztagsschulen sehr wichtig seien. ANNA LEHMANN