Polizei sucht Fans heim

In dieser Woche sucht die Polizei in NRW auffällig gewordene Fußballfans zu Hause auf. Sie sollen von der WM und ihren Partys abgehalten werden. Experte: „Zwangsmaßnahme gegen junge Fans“

VON HOLGER PAULER

Fußballfans aus NRW bekommen zur Weltmeisterschaft Besuch – allerdings nicht von ihren Freunden. Die nordrhein-westfälischen Polizeibehörden werden in den nächsten Tagen auffällig gewordene Fußballfans kontaktieren, um Sie für den Zeitraum der WM mit Meldeauflagen oder Platzverweisen zu belegen. Auch so genannte „Gefährdeansprachen“ im Rahmen von Hausbesuchen seien geplant.

„Die ersten Gespräche werden in den nächsten Tagen geführt“, sagt Wolfgang Beus, Polizeisprecher des NRW-Innenministeriums. „Die Beamten werden die betreffenden Personen zur Zurückhaltung aufrufen.“ Der landesweite Schwerpunkt liege auf den drei Spielorten Dortmund, Gelsenkirchen und Köln. „Die örtlichen Behörden können eigenständig mit der gebotenen Sorgfalt vorgehen“, so Beus. In den „Gefährdeansprachen“ werde auch auf öffentliche Plätze hingewiesen, die gemieden werden sollten. So werden auch die Düsseldorfer Altstadt oder andere Partymeilen des Landes zum Sperrgebiet für als gewalttätig eingeschätzte Fans. Sollten sie gegen die Auflagen verstoßen, drohen Bußgelder oder sogar Ermittlungsverfahren.

Die Namen der Fans sind in der Datei Gewalttäter Sport erfasst. Die Datei wird seit 1994 beim nordrhein-westfälischen Landeskriminalamt (LKA NRW) von der 1992 eingerichteten Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) in Düsseldorf betreut. Für die Aufnahme in diese Datei braucht es kein Ermittlungsverfahren oder keine Verurteilung, es reicht die Feststellung der Personalien am Rande eines Fußballspiels.

Und im Vorfeld der WM hatte die ZIS Einiges zu tun. Seit 2004 stieg die Zahl der gespeicherten Stadionbesucher um 3.000 auf mittlerweile 7.000. Inoffizielle Schätzungen gehen von bis zu 10.000 Personen aus. „Es wird der Eindruck vermittelt, dass die Auseinandersetzungen bei den Spielen immer heftiger werden, dabei ist die Tendenz seit den 90er Jahren rückläufig“, sagt Heiner Busch, Redakteur der Zeitschrift Bürgerrechte & Polizei. Zur WM befasst sich das Blatt unter dem Titel „WM 2006: Die Welt überwacht von Freunden“ mit den polizeilichen „Zwangsmaßnahmen gegen die überwiegend jungen Fans“, so Busch. „Eine vom ehemaligen Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) zugesagte Beschwerdestelle für Fußballfans ist bis heute nicht eingerichtet worden“, so Busch. Die Jugendlichen müssten zusehen, wie ihre ungeschützten Daten weitergegeben werden.

„Die Daten bleiben auch über die WM hinaus erhalten“, sagte Susanna Deeken-Heusgen von der ZIS. Die Dienststelle werde zur WM von 16 auf 146 Personen aufgestockt. „Die 16 Bundesländer und jedes der 32 Teilnehmerländer werden mit einem Beamten vertreten sein“, so Deeken-Heusgen weiter. Bis zum Start der WM würden aus jedem Land 800 bis 1.000 Infos bei der ZIS eintreffen. „Wir werden über ihre Eintrittskarten, die Zahl der Fans, die Anreise und die geplanten Grenzübertritte informiert.“ Die Daten würden an die Polizeibehörden vor Ort weitergeleitet.