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: Die Fragen des Lebens

Man kann die Antwort auf die Fragen des Lebens natürlich mit Hilfe der klassischen Philosophen ergründen. Nimmt die „Nikomachische Ethik“ des Aristoteles zur Hand, Senecas „Über die Ausgeglichenheit der Seele“ oder Epiktets „Buch vom geglückten Leben“. Nach zwei Monaten konsequenter Lektüre sollte man eine Antwort darauf erhalten, wie viel Freiheit dem Menschen zuträglich ist und was er sich begründeterweise von menschlichen Beziehungen versprechen kann. Man kann aber auch in seinem Büro sitzen und auf die Handwerker warten.

Gestern war der Fensterputzer da, ein sehr freundlicher Mensch, der uneigennützig demonstrierte, wie man am besten ein Fenster putzt – die Anschaffung eines Gummischabers lohnt auf jeden Fall. Er vertrat sehr nachdrücklich die Vorteile der freien Beschäftigung, fernab von einengenden Hierarchien, gängelnden Vorschriften und unschönen Zeitvorgaben.

Die schwierigere Frage hat der Getränkelieferant beantwortet. Ein groß gewachsener Mann mit grauen Locken, der nebst Kollege in einem bollerigen Lieferwagen gekommen war. „Keine Beziehung ist so solide wie die zu Flaschen“, sagte er ohne erkennbaren Anlass. Damit ging er, um weitere Kästen Mineralwasser nach oben zu tragen. „Warum?“ „Es ist eindeutig, ob sie leer oder voll sind“, sagte er freundlich. Und der Kollege ergänzte: „Sie meckern nicht rum.“ So sagten sie, stiegen wieder in ihren orangefarbenen Lieferwagen und fuhren davon. grä