Bettler im Blitzlicht

Erste Untersagungsverfügung gegen einen bulgarischen Bettler erteilt. Bezirksamtsleiter verteidigt dies gegen den Protest des Obdachlosenmagazins „Hintz&Kunzt“ als humanitären Akt

von Maximilian Probst

Ein eigenartiges Zusammentreffen gestern Morgen auf dem Jungfernstieg: Modefotografen, die vor den Türen des Alsterhauses Models fotografieren sollen, und die versammelten Vertreter der Hamburger Presse. Deren Interesse galt ganz dem bulgarischen Bettler, der sich nur wenige Meter neben dem Alsterhaus niedergelassen hatte. Als dann die zwei Männer des bezirklichen Ordnungsdienstes, umringt von einer protestierenden Schar des Straßenmagazins Hinz&Kunzt, dem Bulgaren eine Untersagungsverfügung überreichten, blitzten die Apparate im Akkord: Mode hier, Vertreibung dort.

Die Unterlassungsverfügung, verbunden mit einer „Sondernutzungsgebühr“ wurde dem Bulgaren im Beisein einer Übersetzerin überreicht. Sie erklärte ihm denn auch den Inhalt des dreiseitigen Papiers: Verbot des Bettelns mit einem sofortigen Strafgeld von 130 Euro. Das soll der Bulgare nun bei der Geldannahmestelle im Bauamt Hamburg-Mitte bezahlen.

Dort hatte der Bezirksamtsleiter Markus Schreiber eine Pressekonferenz einberufen, um die Verfügung und das weitere Vorgehen der Behörde zu erläutern. Man habe Indizien, dass es sich bei den acht zum Teil stark behinderten Bettlern aus Bulgarien um eine Organisation handle, die mit „Hintermännern“ operiere, sagte Schreiber. Zwar räumte er ein, dass die strafrechtliche Verfolgung der Polizei zu keinem Ergebnis geführt habe. Erpressung und Ausbeutung der Bettler durch mögliche Hintermänner seien also nicht nachweisbar. Dass er aber trotzdem an kriminelle Machenschaften glaubt, daran ließ Schreiber keinen Zweifel.

Er hat darum den Umweg über das Hamburger Wegegesetz genommen, um die unliebsame Bettelei der Bulgaren zu unterbinden: Juristisch betrachtet reicht es für eine Verfügung, dass die Bulgaren das Betteln organisiert betreiben, so dass man von einem Gewerbe sprechen kann. Damit liegt ein Verstoß gegen das Wegerecht vor, der geahndet werden kann. Sollten die Bettler die Unterlassungsverfügung ignorieren, soll ihnen der Becher mit dem erbettelten Geld abgenommen werden. Bei einem zweiten Verstoß gegen die Verfügung werde man auch das Geld am Körper der Bulgaren einsammeln, so der Bezirksamtsleiter. So könne man „den Sinn der Veranstaltung kaputtmachen“: Betteln unter diesen Bedingungen sei nicht mehr rentabel.

Schreiber wollte allerdings keinen Zweifel daran lassen, dass die Gründe des Bettelverbots gegen die Bulgaren eigentlich andere seien: Nachlesen könnten die Bulgaren diese in der ihnen ausgehändigten Verfügung. Dort heißt es: „Ein Verhalten, durch das die Organisation stark körperlich behinderte Menschen den Passanten öffentlicher Wege zur Schau stellt, widerspricht der im Grundgesetz verankerten Menschenwürde.“ Die Behinderten würden damit zu einem „bemitleidenswerten Objekt herabgewürdigt“.

Ergänzt wird diese Argumentation allerdings durch den prosaischen Hinweis, dass die Tolerierung der bulgarischen Bettler zu einem Nachahmungseffekt führen würde, mithin zu einem „Ausufern der Sondernutzungen auf den öffentlichen Wegen“. Damit aber „würde der ohnehin bereits knappe Verkehrsraum nicht mehr hinnehmbar eingeschränkt“. Keine schöne Aussicht: Die Models auf dem Laufsteg Jungfernstieg müssten auf den – kürzlich erweiterten – Bürgersteigen womöglich Slalom laufen.