Hochschulen müssen sich rechtfertigen

REFORM Mehr Autonomie gab es in keinem Land. Nun sollen Unis in NRW stärker kontrolliert werden

BERLIN taz | Mehr Mitbestimmung, mehr Transparenz und dabei mehr Kontrolle – das sind die Eckpunkte des neuen Hochschulgesetzes, das Nordrhein-Westfalens Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (SPD) am Mittwoch vorstellte.

Die rot-grüne Regierung hatte den Entwurf des Wissenschaftsministeriums einen Tag zuvor gebilligt. Tritt es in Kraft, werden die 37 nordrhein-westfälischen Hochschulen, die von der einstigen schwarz-gelben Landesregierung mehr Freiheiten als andere Hochschulen zugestanden bekamen, wieder verstärkt staatlich kontrolliert.

So will das Wissenschaftsministerium genauer kontrollieren, wie die Hochschulen ihr Geld ausgeben und statt Zielvorgaben künftig Verträge abschließen. „Das muss verbindlicher werden“, sagte Wissenschaftsministerin Svenja Schulze zur taz. „Bei 6 Milliarden Euro, die die Hochschulen pro Jahr erhalten, kann man nicht einfach sagen, das macht ihr schon richtig.“

Außerdem will das Land künftig wieder Entwicklungspläne für alle Hochschulen aufstellen. Damit soll sichergestellt werden, dass die Hochschulen öffentliche Interessen stärker berücksichtigen. Als Beispiel nannte Schulze die Lehrerausbildung. „Es gibt Stimmen aus den Hochschulen, die sagen, dass unter den gegenwärtigen Wettbewerbsbedingungen eine Schieflage entstehen könnte.“ Wie sie die Vorgaben erfüllen, ist Sache der einzelnen Hochschulen.

Den Einfluss der Hochschulräte, die eine Art Aufsichtsrat sind, will Schulze beschneiden. An der Wahl der Uni-Leitungen sollen künftig auch die Senate beteiligt werden, und Schulze selbst will in die Rolle der Dienstherrin der PräsidentInnen schlüpfen.

Transparenter werden soll die Zusammenarbeit mit privaten und staatlichen Sponsoren, sogenannten Drittmittelgebern. Die Präsidien sollen künftig öffentlich machen, von welchen Finanziers sie wie viel Geld für welche Forschungsprojekte ausgeben. Für Stiftungsprofessuren soll es einheitliche Standards geben.

Außerdem sollen die Hochschulen sich zur Frauenförderung bekennen. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Gremien in der Regel geschlechterparitätisch besetzt werden und Hochschulen bei Berufungen darauf achten, den Frauenanteil dem Niveau der darunterliegenden Qualifikationsebene anzupassen. Langfristig soll so der Professorinnenanteil von derzeit 20 Prozent verdoppelt werden.

Auch für Studierende sieht das Gesetz Verbesserungen vor. Die oft kritisierten Anwesenheitspflichten sollen entfallen. Der Asta der Uni Köln lobte diesen Punkt.

Das Gesetz soll schon im nächsten Monat in Kraft treten. In den nächsten Wochen nehmen zunächst Gewerkschaften, Verbände und die Unis Stellung nehmen. Schulze rechnet mit einigem Widerstand. Die CDU-Fraktion im Landtag kritisierte den Entwurf bereits als „Hochschulentmündigungsgesetz“

Mit „Regelungswut, Bürokratie und einem erheblichen Misstrauen“ wolle Rot-Grün „von oben herab“ vorschreiben, was gelehrt und worüber geforscht werden solle. ANNA LEHMANN