TULPE RAUCHEN
: Picknick am Ufer

Ihr seid mir ein paar Drogensüchtige

Und als es dunkler wurde, sollte C., der das konnte, eine „Tulpe“ bauen. Ich hatte keine Vorstellung davon, wie eine Tulpe aussieht, jenes komplizierte Geschöpf Kreuzberger Haschrauchkultur. Nur so viel wusste ich: Aus drei (oder auch mehr) großen Blättchen wird sie geformt. Man braucht Licht dabei, und es ist kompliziert, eine Tulpe zu bauen. Die Tulpen von C. waren legendär. Um Licht zu geben, holte H. das schöne Feuerzeug, das er sich in Istanbul gekauft hatte. Für fünfzig Cent. Ein schönes, blaues Feuerzeug mit eingebauter Lampe. Das an diesem Abend immer wieder verloren zu gehen schien – „du hast doch bestimmt wieder mein Feuerzeug geklaut“ – und dann tauchte es doch wieder auf, an den offensichtlichsten Orten, in der eigenen Hosentasche zum Beispiel.

Die Freunde, die teils mit Theater zu tun hatten, riefen so laut und so lange im Chor „Tulpe! Tulpe!“, bis dass es einem schon sehr peinlich war. Und C., der Techno-DJ, der für einen Moment, geschützt neben einem Baum, tatsächlich daran gedacht hatte, eine „Tulpe“ zu bauen, sagte schließlich, er könne „unter diesen Bedingungen nicht arbeiten“. Er spürte, dass seine Freunde in Wirklichkeit gar nicht an dem tollen und ästhetisch einwandfreien Rausch interessiert waren, den eine gut gebaute „Tulpe“ zu erzeugen mag, sondern es vor allem lustig fanden, laut „Tulpe“ zu rufen und ihn, den erfahrenen Tulpendreher, also irgendwie für ihr Spektakel missbrauchten. „Ihr seid mir ein paar Drogensüchtige…“

Irgendwie hatte sich diese Geschichte dann erledigt. Vielleicht hatte sie auch nur deshalb angefangen, weil F., der beauftragt gewesen war, Bier zu holen, plötzlich Hunger hatte und erst mal Pizza essen gegangen war. Und in diesem (ungeheuerlichen) Versorgungsengpass war plötzlich der nicht ganz ernst gemeinte Wunsch aufgekommen, eine „Tulpe“ zu rauchen. So war das. Gewesen. DETLEF KUHLBRODT