RTL und der Strolch

KAMPF Disney ist Gesellschafter bei Super RTL. Und macht in Deutschland trotzdem einen Sender auf

Super RTL bekommt Konkurrenz. Im härtesten Fernsehmarkt der Welt startet Disney Mitte Januar seinen ersten in Deutschland frei empfangbaren Sender: den Disney Channel. Ungewöhnlich: Die Amerikaner sind mit einem Anteil von 50 Prozent Gesellschafter beim Kölner Sender. Beide richten sich exakt an dieselben Zielgruppen. Tagsüber wird es Programme für Kinder geben, abends für Erwachsene, vorzugsweise weibliches Publikum.

Der Disney Channel wird die exklusive Heimat für alle Disney-Inhalte“, erklärt Senderchef Lars Wagner. Bislang liefen Shows auf Sat.1, Kinderinhalte auf Super RTL. Dass die Bündelung der Disney-Angebote auf einem eigenen Kanal für gute Quoten sorgen wird, davon ist der Disney-Manager überzeugt: „Der Disney Day bei ProSieben beispielsweise hatte damals dem Sender den besten Tagesmarktanteil seit zehn Jahren beschert.“

Neben den Klassikern, wie „Susi und Strolch“, die teilweise noch nie im deutschen Free TV gezeigt wurden, werden beim Disney Channel auch neue Serien ausgestrahlt, etwa „Cedar Cove“ mit Andie MacDowell, die eine Richterin einer Kleinstadt spielt und sich um die Sorgen ihrer Mitbürger kümmert. Mit dem Start des Familienkanals wird der Konzern auch die Eigenproduktionen ankurbeln. Bereits im letzten Jahr zum Beispiel hat Ufa Fiction die Jugendserie „Binny und der Geist“ produziert, die in Europa auch auf anderen Disney-Kanälen ausgestrahlt wird. „Wir haben in Deutschland noch nie so viel produziert wie jetzt“, sagt der Disney-Chef. Für Super RTL bedeutet der Start des Disney Channels nicht nur harte Konkurrenz, sondern der eigene Gesellschafter wird zugleich zum Wettbewerber.

So bekommt der Sender keine Inhalte von Disney mehr. Die Trennung der Sender soll jetzt durch eine „Chinese Wall“ gelingen: Mitarbeiter einer Disney-Tochter haben die alten Disney-Aufsichtsratsmitglieder ersetzt und sollen Stillschweigen darüber bewahren, was in Köln vor sich geht. Für Super-RTL-Programmdirektor Carsten Göttel ist die Situation einmalig: „Ein neuer Sender kommt auf den Markt und zeigt 90 Prozent der Programme, die wir vorher gebracht haben.“

Auch wenn Super-RTL-Chef Chef Claude Schmit glaubt, dass der neue Konkurrent seine Zuschauermarktanteile nicht entsprechend in Werbeeinnahmen umsetzen kann, befürchtet er Umsatzeinbußen. Die Stimmung zwischen RTL und Walt Disney scheint frostig. Wenn der Unterhaltungsgigant jetzt mit einem Volumen im „mittleren“ achtstelligen Millionen-Euro-Bereich die größte Markenkampagne startet, die es je in Deutschland gab, wird diese Werbung auf RTL-Sendern nicht laufen.

Aktuelle Kinofilme des US-Konzerns werden weiterhin im deutschen Fernsehen zuerst auf RTL gezeigt – der entsprechende Vertrag ist noch gültig. Und wer weiß, vielleicht ringt sich RTL noch dazu durch, Disneys Anteile an Super RTL zu übernehmen. Im Moment scheint das nur eine Frage des Preises zu sein.

WILFRIED URBE