Unglückliche Großkoalitionäre

Union und SPD unzufrieden über Jungs Marsch in den Kongo. Grüne dafür, Linksfraktion und FDP dagegen

BERLIN taz ■ Grummelnd nur und zweifelnd unwillig werden sich Unions- und SPD-Fraktion im Bundestag morgen zur ersten Beratung und dann zur Entscheidung Anfang Juni hinter dem Regierungsbeschluss sammeln, die Bundeswehr in den Kongo zu schicken. Ergänzend wollen Union und SPD auf jeden Fall einen gemeinsamen Antrag auf mehr Wahlbeobachter stellen.

Der außenpolitische Sprecher der SPD, Gert Weisskirchen, griff gestern Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) für sein „unprofessionelles Herangehen an ein Mandat von so großer Reichweite“ an. Seitdem die Frage nach einer Beteiligung an der EU-Kongo-Mission auf dem Tisch liege, habe Jung durch widersprüchliche Angaben „Unsicherheit“ erzeugt, die „das Ziel in politische Gefahr gebracht“ habe, sagte Weisskirchen zur taz. So habe Jung zu spät gesagt, dass zu den 500 Einsatzkräften 300 Unterstützer mitkämen.

Die CDU-Abgeordnete Anke Eymer legte aus Unzufriedenheit über die Informationspolitik ihre Zuständigkeit für die Kongo-Berichterstattung in der Fraktion nieder. Der taz erklärte sie, sie kündige damit kein „Nein“ an. Doch wolle sie ein „Zeichen“ setzen, dass „man nicht nur mit dem Kopf nicken kann“. Das Risiko für die Soldaten sei unklar, die Kosten „werden stündlich höher“. Jung selbst habe im Januar noch Skepsis angemeldet – „und alles, was ich seither gehört habe, hat meine eigene Skepsis verstärkt“, sagte Eymer.

Gemessen an der Unsicherheit in den Regierungsfraktionen ist das Bekenntnis der Grünen zum Einsatz geradezu überwältigend. In einem ausführlichen Antrag formulierte die kleinste Oppositionsfraktion gestern Bedingungen, wonach die Mission eher ausgeweitet werden müsste: Die Regierung dürfe dem Antrag der UN „nicht künstliche Beschränkungen auferlegen. Akute Nothilfe darf nicht an der Stadtgrenze von Kinshasa enden“. Außerdem brauche es deutlich mehr als 140 zivile EU-Wahlbeobachter sowie Unterstützung für die mehreren zehntausend internationalen und einheimischen Wahlbeobachter. Hinzu fügten die Grünen eine lange Liste von zivilen Institutionen im Kongo, die es zu päppeln gelte.

Einen – allerdings recht sanften – „Dissens“ zum Militäreinsatz formulierte bei den Grünen deren Verteidigungsexperte Alexander Bonde: „Ich bin nicht überzeugt, dass die EU-Mission ein nachhaltiger Faktor zur Stabilisierung sein kann.“ Mit 1.500 EU-Soldaten werde im Kongo eher symbolisch Verantwortung ausgedrückt. „Und ich finde eben, man sollte keine Symbolik mit Soldaten betreiben.“ Den zivilen Forderungskatalog der Fraktionsmehrheit unterstütze er aber. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, kündigte zur Abstimmung eine persönliche Erklärung an. Er habe „Bedenken, ob 1.500 Leute ausreichen“, sagte er.

Die Linksfraktion hat sich auf ein klares „Nein“ zum Einsatz festgelegt. Die UN-Truppe Monuc und die einheimischen Kräfte sind „ausreichend, um die Sicherheit der Wahl zu gewährleisten“, sagte deren Verteidigungsexperte Paul Schäfer. Der Militäreinsatz sei lediglich ein „Vehikel“, um mehr Geld für künftige „EU-Battle-Groups“ der EU „auf den Weg zu bringen“. In ihrem Antrag schreibt die Linksfraktion, die EU sei vom Kongo nicht hergebeten worden. Es sei „nicht nachvollziehbar“, wie 1.500 Soldaten, die teils in Gabun blieben, „den propagierten Effekt erzielen sollen, nämlich potenzielle Störer abzuschrecken“. Für die FDP geißelte deren Außenpolitiker Wolfgang Gerhardt gestern den Einsatz als „eine der am schlechtesten vorbereiteten Missionen, die wir jemals erlebt haben.“ ULRIKE WINKELMANN