Kongo: vermitteln, nicht evakuieren
: KOMMENTAR VON DOMINIC JOHNSON

Für den Kongo sind freie Wahlen nach vierzig Jahren Diktatur und Krieg ganz wichtig. Alle Kongolesen sehnen sich nach Demokratie, und an den bevorstehenden Urnengang knüpfen sie immense Erwartungen. Insofern kann sich Deutschland nicht verweigern, wenn es um internationale Präsenz in diesem Land geht.

Die Entsendung von bis zu 780 Bundeswehrsoldaten nach Afrika, um im Notfall Evakuierungen aus Kinshasa durchzuführen, ist allerdings kein ideales Mittel, um zum Erfolg der dortigen Wahlen beizutragen. Die Demokratisierung des Kongo ist derzeit an vielen Fronten gefährdet. In weiten Teilen des Landes herrscht Krieg. Warlords und Bürgerkriegsführer kontrollieren den Staatsapparat und das Militär. Einflussreiche zivilgesellschaftliche Kräfte kritisieren bereits die Wahlvorbereitungen und fordern – durchaus konstruktiv – neue Verhandlungen.

Wenn es keine koordinierte Initiative auf internationaler Ebene gibt, um Kongos politische Kräfte jetzt an einen Tisch zu bringen und einen Konsens über die strittigen Punkte ausarbeiten zu lassen, werden die Wahlen in einem Klima des Misstrauens stattfinden, das jedes wie auch immer zustande kommende Abstimmungsergebnis zum Objekt politischen Streits macht. Und auch wenn die Konflikte ausgeräumt werden: Für den Wahltag selbst muss es eine lückenlose internationale Beobachtung und Kontrolle des gesamten Prozesses der Stimmabgabe, der Auszählung und der Proklamation der Ergebnisse geben. Der Ausgang der Wahl muss über jeden Verdacht erhaben sein. Die internationale Gemeinschaft hat sie schließlich finanziert, die Wahlgesetze geschrieben und den Friedensprozess im Kongo politisch gelenkt. Sie kann seinen Abschluss nicht einfach dem Recht des Stärkeren überlassen.

Mit der Entsendung von Evakuierungstruppen bestätigt Deutschland nun eher die Befürchtung mancher Kongolesen, die Wahlen könnten in den Bürgerkrieg führen statt in die Demokratie. Der EU-Militäreinsatz ist beschlossen. Doch immer noch fehlt ein Lösungsansatz für Kongos politische Konflikte im Vorfeld der Wahl. Da ist Deutschland, Führungsnation der EU-Militärmission, auch politisch gefordert.