Frauen als Vorbilder

Es gibt ein Ost-West-Gefälle im Sport – aber nicht überall

VON JOHANNES KOPP

Sie sind jetzt die Besten in Europa. Entsprechend enthusiastisch empfing am Montag die Potsdamer Bevölkerung ihre Fußballerinnen von Turbine. Die Kickerinnen waren nach ihrem großen Triumph gegen Lyon am Donnerstag noch ein paar Tage in Madrid geblieben. Über 1.000 Fans und Schaulustige versammelten sich zu ihrer Begrüßung auf den Luisenplatz. Europäische Spitzenklasse, dieses Prädikat hat sich bislang selten jemand im strukturschwachen Brandenburg erkämpfen können. Auch deshalb betonte Turbine-Trainer Bernd Schröder, wie wichtig der Erfolg für die Region und den Osten wäre.

Aber just während der Potsdamer Partytage malte der Berliner CDU-Bundestagsabgeordnete Frank Steffel ein finsteres Bild vom Sport im Osten. Eine gesellschaftspolitische Katastrophe sei es, dass in den vier großen Profi-Sportarten Fußball, Handball, Basketball und Eishockey nur noch fünf Erstligisten aus Ostdeutschland vertreten seien. Der Jugend in der Region fehlten Vorbilder. Dass der Politiker bei seiner Bestandsaufnahme die Hälfte der weibliche Hälfte der Bevölkerung außen vor gelassen hat, ist allerdings auch eine gesellschaftspolitische Katastrophe. Taugen die Spielerinnen von Turbine nicht als Vorbilder?

Grundsätzlich, so muss man einräumen, gibt es das Ost-West-Gefälle auch bei den Frauen. In den neuen Bundesländern können sie in den genannten Sportarten nur wenige Erstligisten mehr bieten. Gerade die Entwicklung von Turbine Potsdam weist jedoch einen interessanten Aspekt auf. Die Nischensportart Frauenfußball wurde gefördert, und es entstand die erste „Eliteschule des Sports“ für den weiblichen Nachwuchs, aus dessen Quelle Turbine seit Jahren schöpft. Ein Strukturvorteil gegenüber dem Westen.

Bei den Männer dagegen, wo es um Millionen geht, ist das ungleiche Verhältnis zwischen Ost und West schier unüberwindbar. Der von Steffel geforderte Solidarausgleich, den die erfolgreichen Westvereine leisten sollen, wäre nichts weiter als ein Tropfen auf den heißen Stein.