Peggy & Klaus

WOCHENENDKRIMI Am kommenden Donnerstag beginnt der vierte Berliner Krimimarathon. Der Berliner Autor und Schriftsteller Knud Kohr hat für uns schon mal vorgefühlt – eine Geschichte des Lügens und Betrügens

■ Der vierte Berliner Krimimarathon beginnt am kommenden Donnerstag und endet am darauffolgenden Sonntag, dem 24. November. Es gibt zahlreiche Lesungen in sämtlichen Bezirken und unterschiedlichsten Lokalitäten – in Buchhandlungen, Cafés, Theatern und Hotels.

■ Bei der Eröffnungsfeier am Donnerstag liest der mehrfach für seine Krimis ausgezeichnete Münchner Schriftsteller Friedrich Ani aus “M – ein Tabor Süden Roman“. Das Opening findet in der Bayerischen Landesvertretung statt (Behrenstraße 21, 10117 Berlin, 18.30 Uhr)

■ Darüber hinaus lesen zum Beispiel der Journalist Wolfgang Büscher, Ella Danz von den Mörderischen Schwestern, einem Krimifrauen-Netzwerk, und der Berliner Krimiautor Horst Bosetzky.

■ Das ganze Programm unter: www.berliner-krimimarathon.de

VON KNUD KOHR

„Super. Die Soße kocht, das Telefon klingelt, und außerdem klopft es an der Tür. Weiß gar nicht, was ich zuerst ignorieren soll.“

„Peggy! Ich hör doch, dass du da bist!“

„Ist ja gut. Ich komm schon!“

„Hallo, Klaus. Wär echt gut gewesen, wenn du vorher angerufen hättest.“

„Kochst du gerade für ihn?“

„Spinnst du?“

„Ich kann doch riechen, dass du was auf dem Herd hast.“

„Dass ich was für mich koche, ist für dich ausgeschlossen?“

„Kann ich reinkommen? Ist dringend.“

„Für dringende Sachen steht man an der Tür ganz gut, finde ich.“

„Dauert nicht lange, Peggy. Geht vielleicht sogar ganz schnell.“

„Sag mal, was ist denn eigentlich los? Du zitterst ja. Ist es so kalt draußen?“

„Wirklich dringend.“

„Gut. Komm rein. Hatte ich fast vergessen: Kein Auftritt von Captain Klaus ohne Drama.“

„Ja. Ich muss mit dir reden. Deswegen.“

„Wegen der Tüte?“

„Das, was drin ist.“

„Oh, geheimnisvoll.“

„Hier.“

„Sag mir, dass das ein asiatisches Billigfeuerzeug ist.“

„Nee. Ist, nach was es aussieht. Ne Knarre.“

„Und damit rennst du einfach so durch die Stadt.“

„Vom Stutti hierher. Keine dreihundert Meter.“

„Vom Stutti. Ist die überhaupt legal?“

„Na ja. In den Imex-Läden am Stutti kriegt man selten einen Kaufvertrag.“

„Ich hab das Scheißding nicht gesehen. Und jetzt hau ab damit. Gibt’s doch nicht.“

„So einfach ist das nicht. Du sagst mir jetzt sofort, dass du mit dem Typen Schluss machst, der neulich an deiner Hand rumgelaufen ist. Und letzte Woche schon mal. Hast ja nicht mal so getan, als ob du mich nicht betrügen würdest.“

„Aha. Ich betrüge dich also, weil ich mit einem alten Freund Händchen halte. Mit wie vielen Frauen bist du in der letzten Zeit in der Kiste gewesen? Lass mich überlegen? Andrea? Brigitte? Simone?“

„Simone nicht.“

„Hat wahrscheinlich ihre Tage gehabt. Jedenfalls kann ich mich nicht erinnern, bei dir mit einer Knarre aufgelaufen zu sein. Das ist selbst für dich ganz schön viel Zirkus. Was willst du eigentlich damit?“

„Ich hab nachgedacht. Was ich gemacht habe, war Scheiße. Ich hör auf damit. Versprochen.“

„Und wenn ich keine Lust habe aufzuhören?“

„Steck ich mir das Ding in den Mund und drück ab.“

„Machst du nicht.“

„Doch … Peggy, ich bin ein Penner. Und kann meinen Schwanz nicht im Futteral behalten. Aber als ich dich mit dem gesehen habe … Ich hab mich zu Hause eingesperrt wie ein Tier zum Sterben.“

„Armer, armer Klaus. Und jetzt ist alles wieder gut mit uns, nur weil du einmal geduscht hast und hier den Schwanengesang aufführst?“

„Peggy, ich hab einfach verstanden, du bist so … Hey, Telefon klingelt. Geh ruhig ran.“

„Jetzt nicht.“

„Geh ran. Das ist doch bestimmt dieser … Wolfgang? Der alte Händchenhalter. Sag ihm, dass Schluss ist, und alles wird wieder.“

„Du warst noch nicht fertig. Ich bin also so …? Viel besser als alle anderen? Viel schöner? Und nur ein absoluter Trottel würde mich mit jeder betrügen, die nicht bei drei im Gebüsch ist? War es das? Wolltest du das in etwa damit sagen?“

„Sag ich erst, wenn du mit ihm Schluss machst.“

„Und wenn er vielleicht auch besser ist als alle anderen? Besser als du? Wenn nicht nur seine Hände größer sind?“

„Guck mal. Passt gut in den Mund, der Lauf.“

„Nimm die da raus!“

„Und wenn nicht?“

„Du klingst wie ein Dreijähriger, der sich zu viel Schokolade in den Mund gestopft hat. Dein Sonderangebot vom Stutti funktioniert doch eh nicht.“

„Du glaubst mir nicht, dass das Ding schießt? Du glaubst, das ist alles ein Scheißschwindel?“

„Klaus, jetzt hör mal auf mit dem Mist!“

„Ich zeig dir, wie das Ding schießt. Da!“

„Was?! Du hast mir ein Loch in mein Sofa geschossen!“

„Gleich schieß ich noch ganz woanders ein Loch rein!“

„Gib das Ding her.“

„Nimm die Finger weg, Peggy.“

„Muss ich’s dir aus der Hand reißen? Du sollst das Ding her-ge-ben.“

„Oh … Scheiße. Peggy. Das wollte ich nicht … Das muss passiert sein, als wir beide da unten hingefasst haben … Steh wieder auf … Peggy … Peggy … Peggy … Hey, steh wieder auf!“

„Was ist da drin los, Frau Behring?“

„Ist alles in Ordnung mit Ihnen?“

„Scheiße, die Nachbarn. Was soll ich denn … Peggy, steh wieder auf. Steh auf!“

„Warum knallt das bei Ihnen dauernd in der Wohnung? Sagen Sie was, Frau Behring. Sonst rufe ich die Polizei!“

„Das glauben mir die Bullen doch nie. Was soll ich denn bloß … Die buchten mich ein. Fünfzehn Jahre Minimum. Und dann … dann bist du immer noch … Oder bist du doch gar nicht …? Von so einem kleinen Loch im Kopf ist man doch nicht … Peggy, sag doch was … Die Pistole. Wohin?“

„Frau Behring. Da ist doch jemand bei ihnen!“

„Am besten in den Mund. Ging doch eben ganz einf…“

„Jetzt hat es schon wieder geknallt da drin. Das reicht. Ich rufe bei der Polizei an. Und dann warte ich hier, bis die da sind. Sie rennen runter und holen den Hausmeister, damit der aufschließt.“

„Wenn der überhaupt aufmacht. Hoffentlich ist er nicht wieder besoffen.“

„Frau Behring? Hallo? Gehen sie doch einfach mal ans Telefon. Klingelt doch gerade bei Ihnen. Dann müssen wir hier nicht so einen Alarm machen.“

„Hi, Peggy, hier ist Wolfgang. Hab’s schon ’n paarmal versucht, aber du gehst nicht ran. Na gut, dafür hat man ABs. Peggy, ich komm heute Abend nicht zum Essen. Ist bestimmt lecker, was du gekocht hast. Aber … Mir geht das einfach zu weit allmählich. War lustig, die letzten beiden Wochen mal wieder Hand in Hand mit dir zu gehen. Wie damals an der Uni. Und dann dafür zu sorgen, dass wir immer wieder Klaus über den Weg laufen. Damit der mitkriegt, dass man eine Frau wie dich nicht mit irgendwelchen Ischen betrügt. Ich kenne Klaus ja gar nicht richtig. Aber das muss ihm doch wehtun. Und ehrlich gesagt … Noch ein paarmal Händchenhalten, dann bin ich auch wieder verknallt in dich. Also, Peggy, ich verschwinde mal wieder aus deinem Leben. Handynummer und Mail hast du ja. Und du rufst jetzt Klaus an und lädst ihn zu dem Essen ein, das du gemacht hast. Zum Nachtisch legst du ihn dann gefälligst so dermaßen flach, dass ihm nicht mal mehr einfällt, warum er anderen auf den Hintern geguckt hat. Weiß ich doch noch, dass du das kannst. Mach’s gut, Peggy.“