… DER BERGGRUEN-ERBE?
: Das KaDeWe retten

Als Junge muss sich Nicolas Berggruen gern in Warenhäusern herumgetrieben haben. Zumindest erklärt der reiche Erbe und Immobilienhändler sein plötzliches Kaufinteresse an der insolventen Warenhauskette Karstadt mit einer nostalgischen Anwandlung. „Für Berggruen ist Karstadt ein Teil seiner Kindheit. Er hat eine starke Verbundenheit mit Berlin, die sich sicherlich auch in diesem Engagement zeigt“, so Berggruens Sprecher.

Schon stellt man sich vor, wie der 1961 geborene Nicolas in kurzen Hosen durch die Parfümerieabteilung von Wertheim am Ku’damm streift. Oder an der Hand seines Vaters, des berühmten Kunstsammlers Heinz Berggruen, einen Ausflug ins proletarische Neukölln unternimmt, wo immerhin die größte Karstadt-Filiale Berlins steht. Schöne, sepiastichige Bilder. Der Haken ist nur: Nicolas Berggruen hat als Kind nie in Berlin gelebt. Sondern in den USA, wohin sein Vater vor den Nazis floh. Erst als Heinz Berggruen 1996 wieder samt seiner Kunstsammlung nach Berlin zog, lernte auch sein Sohn die Stadt kennen. In der Tat scheint sich Berggruen junior inzwischen aber recht berlinerisch zu fühlen: Er kaufte die Kreuzberger Sarotti-Höfe und das legendäre Café Moskau, bezog seinen Firmensitz in der Wilhelmstraße – und scheiterte bei Verhandlungen mit dem Senat um eine Kunsthalle in Mitte.

Nun will er offenbar auch das berühmte KaDeWe retten, das ebenso wie das ehemalige Wertheim seit 1994 zu Karstadt gehört. Zu dem Pleitekonzern gehören aber weit mehr als die zehn Berliner Filialen – 120 Warenhäuser mit 25.000 Angestellten in 94 Städten sind es insgesamt, die sich der als Kulturinvestor Bekannte aufhalsen will. Warum er das tut, fragt sich die Gewerkschaft, die an der Seriosität des Angebots zweifelt.

Er sei kein „Überflieger“, der nur auf schnelles Geld aus sei, verteidigte sich Berggruen am Sonntag in der Morgenpost. Vielleicht will sich der Mann, der laut eigenen Angaben viel mit dem Vater über dessen Wilmersdorfer Jugend geredet hat, einfach nur Erinnerungen an eine Kindheit kaufen, die er nie hatte: mit kurzen Hosen bei Karstadt am Hermannplatz. Es gibt schlimmere Motive fürs Geldausgeben. API

Foto: Götz Schleser